Reisetrends: Fernweh nach Nähe

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90 Prozent der Österreicher wollen heuer trotz politischer Krisen verreisen.

Wien. Mit ein wenig Besorgnis habe man auf die Ergebnisse gewartet, gestand Helga Freund, Vorstandsdirektorin der Verkehrsbüro Group, am Donnerstag bei der Präsentation ihres jährlichen „Ruefa Reisekompasses“ zum Auftakt der gestern gestarteten Ferienmesse Wien. Grundlos, wie man berichtete: Trotz aller politischen Krisen haben 90 Prozent der vom Gallup-Institut Mitte Dezember befragten Österreicher – gleich viele wie 2014 – angegeben, heuer verreisen zu wollen.

Motivforscherin Helene Karmasin erklärt das unter anderem mit der „Vergesslichkeit“ der Touristen: Drei Wochen nach den Pariser Anschlägen vom November hätte man in den Umfragewerten keine Beliebtheitseinbußen des Reiseziels mehr feststellen können. Und obwohl ein Drittel der Befragten seine persönliche wirtschaftliche Situation schlechter einschätzt als im Vorjahr, halten mehr als 70 Prozent ein ähnliches oder höheres Reisebudget als 2015 parat. Daran sei, so Karmasin, das unbedingte Bedürfnis der Österreicher nach Urlaub abzulesen, der die „heile Gegenwelt“ zum alltäglichen Termin- und Leistungsdruck symbolisiere.

Ziele in Europa – ganz vorn Italien, Kroatien, Deutschland und Spanien – stehen neben dem Urlaub im Inland bei rund 80 Prozent oben auf der Wunschliste. Während die Ruefa-Reisebüros bei diesen Ländern auch schon 2015 Umsatzzuwächse verzeichneten, brachen die Nächtigungen in den von Krisen betroffenen Staaten Griechenland, Türkei und Ägypten 2015 um bis zu 48 Prozent ein. 2016 erwartet man besondere Zuwächse bei den derzeitigen „Rennern“ Spanien und Kuba, bis dato seien aber erst 20 Prozent der Sommerbuchungen eingegangen. „Falls irgendetwas passiert, bleibe ich lieber zu Hause oder in der Nähe“, fasst Freund den Gesamttrend zusammen. Einbrüche bei den Buchungen erwartet sie vorerst keine, nur dem Sicherheitsgefühl geschuldete „Verschiebungen“ bei der Wahl der Destination.

Auch die am Donnerstag von der Statistik Austria veröffentlichte Sommerurlaubs-Analyse spricht eine ähnliche Sprache: Sie zeigt einen Anstieg der Sommerurlaube der Österreicher seit 2006 um fast ein Fünftel auf 6,8 Mio., die dafür tendenziell immer kürzer werden, einen Trend zu Städtetrips und eine aktuelle Vorliebe für die oben genannten europäischen Ziele. (loan)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.01.2016)

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