Dominic Thiem: Die nächsten Schläge Richtung Weltspitze

TENNIS - ATP, Australian Open 2016
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Nach drei Turniersiegen 2015 strebt Tennisprofi Dominic Thiem 2016 nach größeren Erfolgen. Trainer Günter Bresnik sieht den Weg vorgezeichnet: "Es ist nur eine Frage der Zeit."

Die Generalprobe misslang. Just wenige Tage vor den am Montag beginnenden Australian Open plagte sich Dominic Thiem mit einer schmerzhaften Blase am rechten Fuß. Sein Auftaktspiel in Sydney gegen den Luxemburger Gilles Müller musste der 22-Jährige vorzeitig beenden. Nicht nur, aber auch eine Vorsichtsmaßnahme, schließlich gilt es vor dem ersten großen Höhepunkt der Saison keine unnötigen Risken einzugehen; Melbourne ist für die Weltspitze von immenser Bedeutung, eine Standortbestimmung. Auch für Thiem.

Drei Wochen intensive Vorbereitung in Teneriffa und Wien stimmen zuversichtlich, weder das Bundesheer noch eine Verkühlung störten diesmal. Trainiert wurde auf dem Tennisplatz und abseits davon, zu einem ordentlichen Aufbau gehören Einheiten in der Kraftkammer. Thiem verachtet weder Hanteln noch Klimmzüge, „eigentlich mag ich das“, sagt er im Gespräch mit der „Presse am Sonntag“. Verzichtbar bleibt das Laufband. „Ganz ehrlich, ich hasse es. Lieber laufe ich unter freiem Himmel.“ Wer wie Thiem im Vorjahr 30 Turniere bestritt und den ganzen Erdball bereiste, der muss die notwendigen physischen Voraussetzungen mitbringen. Trainer Günter Bresnik sieht seinen Schützling dahingehend gut entwickelt: „Er ist jetzt richtig dünn, so langsam definiert sich sein ganzer Körper. Ich bin zufrieden.“

Bresnik gilt als kritischer Geist, der in der Vergangenheit gegenüber Thiem auch nie mit öffentlicher Kritik sparte. Im neuen Jahr aber schlägt der 54-jährige Wiener bislang unbekannte Töne an. Er sagt: „Momentan fehlt mir kein wesentliches Element in seinem Spiel.“ Doch worauf basiert dieser Wandel? „Dominic“, führt Bresnik aus, „hat mich einfach überzeugt. Der gesamte Verlauf der letzten Saison stimmt mich zuversichtlich.“


Top 10, eine Schallmauer. 2015 gelang Thiem der Durchbruch auf der ATP Tour. Sein „breakthrough year“ war gepflastert von Turniersiegen in Nizza, Umag und Gstaad, allesamt Turniere der „250“-Kategorie. „Auf diesem Level kann ich kaum besser spielen“, weiß die aktuelle Nummer 20 der Weltrangliste. Für Schritte in noch höhere Sphären bedarf es guter Ergebnisse bei großen Turnieren. „Gelingt mir das, geht es auch im Ranking automatisch bergauf.“ Die Schallmauer Top 10 zu durchbrechen, ist derzeit noch Illusion, es fehlen immerhin über 1000 Weltranglistenpunkte – oder eine Endspielteilnahme bei den Australian Open.

Thiem hat für sich zwar die größtmöglichen Ziele definiert, ist aber kein Freund davon, sie öffentlich unentwegt zu untermauern. „Ich wäre glücklich, das Jahr erneut in den Top 20 abzuschließen“, versichert der Niederösterreicher, dessen weiterer Aufstieg zwangsläufig auch eng an eine bedeutend bessere Bilanz gegen die absolute Elite geknüpft ist.

Von elf bisherigen Duellen gegen Top-10-Spieler verlor Thiem zehn, die Ausnahme bildete ein Erfolg über Stan Wawrinka in Madrid 2014. Vor zwei Wochen erwies sich in Brisbane Roger Federer beim erstmaligen Vergleich als zu stark. Bresnik lassen derartige Rückschläge (noch) nicht am großen Ganzen zweifeln: „Roger hat gegen Dominic genau das gemacht, was ein Routinier mit einem Rookie macht.“

Es ginge immer noch darum, derartige Erfahrungen zu sammeln, aus teils empfindlichen Niederlagen die richtigen Schlüsse zu ziehen. Denn die Zeit spielt für Thiem, dies ist nicht bloß eine Vermutung – das Durchschnittsalter in den Top 10 beträgt 29,7 Jahre.

Österreichs bester Tennisspieler fühlt sich gerüstet für eine lange Saison, vollgepackt mit großen Herausforderungen und langen Reisen. Er kennt seine Aufgabe, seine Rolle, „ich bin jetzt nicht mehr ganz neu auf der Tour“. Thiem hat in den vergangenen Jahren vieles gelernt, als Tennisspieler und als Mensch. So ist etwa die Ungeduld nicht länger sein beschwerlicher Begleiter. „Nein, ich zucke nach ein paar schlechten Turnieren nicht gleich aus.“ In Melbourne möchte das ÖTV-Ass ein kräftiges Zeichen setzen, zum Auftakt wartet der starke Argentinier Leonardo Mayer, die Nummer 35 der Weltrangliste. Thiem träumt vom Wiedersehen mit Federer im Achtelfinale.

Als erster Titelanwärter gilt Novak Djoković. Der Serbe ist im Melbourne-Park Titelverteidiger, die Saison begann er mit der Finaldemontage von Rafael Nadal in Doha. Ähnliches würde in Melbourne nicht überraschen. „Auf Grand-Slam-Ebene können Djoković nur ganz wenige Leute schlagen“, weiß Thiem, der vorerst kein Ende der serbischen Regentschaft erwartet. „Ich denke, er wird noch ein, zwei Jahre dominieren.“ Spätestens dann hofft Thiem Anschluss an die absolute Spitze gefunden zu haben. Bresnik: „Es ist nur eine Frage der Zeit, bis sich alles in den Resultaten niederschlägt.“

Aufschlag

Dominic Thiem nimmt die Saison 2016 als Nummer 20 der Weltrangliste in Angriff, nachdem er im Vorjahr gleich drei Turniersiege feiern konnte.

Bei den Australian Open (live auf Eurosport) trifft Thiem in der Nacht auf Montag auf den Argentinier Leonardo Mayer. Tamira Paszek meisterte die Qualifikation und misst sich ebenfalls am Montag mit der Italienerin Roberta Vinci, Nummer 15 der Weltrangliste.

Nach den Australian Open bestreitet Thiem im Februar erstmals die Sandplatztour in Südamerika, ehe er Anfang März für den Daviscup in Portugal nach Europa zurückkehrt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.01.2016)

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