Ein Dirigent, so charismatisch wie exzentrisch

Teodor Currentzis
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Teodor Currentzis und sein Ensemble MusicAeterna mit Mozart und Beethoven im Konzerthaus.

Noch gut ist in Erinnerung, wie bei der Mozartwoche 2013 Teodor Currentzis und die Wiener Philharmoniker vergeblich versuchten, zu einer einigermaßen gemeinsamen musikalischen Linie zu finden. Gehört der seit den 1990er-Jahren in Russland lebende Grieche zu jenen Dirigenten, die ihre Vorstellungen tatsächlich nur mit eigenen Musikern umsetzen können? Gewiss bedarf es besonderer Vorbereitungszeit, um den Intentionen dieses sehr auf Exzentrik setzenden Dirigenten gerecht zu werden, dem selbst Konkurrenten Charisma, vor allem ansteckendes Feuer nicht absprechen können.

Das zeigte er auch bei seinem Auftritt im Großen Konzerthaussaal an der Spitze seines seit 2004 bestehenden Originalklangensembles MusicAeterna einen Abend lang. Der mit einer ungewöhnlichen Zugabe schloss: dem Schlusssatz aus Beethovens Fünfter. Ihn hat man schon lange nicht mit solch mitreißender Energie, packend in den Details und mit nie nachlassender Spannung gehört.

Heftige Handbewegungen

Mit raschen Tempi, unkonventionellen Zäsuren und unorthodoxen Phrasierungen, die sich gleichwohl aus der Partitur erklären lassen, wartete dieser Shootingstar der Klassikszene auch bei den beiden Mozart-Symphonien davor auf. Allerdings passte die vor ruppigen Akzenten nie zurückschreckende Lesart, die er seinem Orchester abverlangte, besser zur kleinen g-Moll-Symphonie KV 183 als zur „Prager Symphonie“, deren melodischer Charme etwas ins Hintertreffen geriet.

Am radikalsten hinterfragte der mit heftigen Handbewegungen gestikulierende Currentzis mit seinem Orchester, dessen Geiger und Bläser übrigens stehen, Beethovens Violinkonzert. Nicht nur stellenweise meinte man ein völlig neues Werk zu hören. Nicht Schönheit war das Anliegen dieser Interpretation, sondern die Suche, welchen Ausdruck man quasi aus jeder Note herausholen könnte. Die ebenfalls Experimenten nicht abholde exzellente Solistin, Patricia Kopatchinskaja, stimmte mit gleicher Begeisterung ein. Sie steuerte zwei originelle Kadenzen bei, in denen auch Teile des Orchesters mit einbezogen waren. Verständlich, dass dies unterschiedliche Reaktionen provozierte.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.01.2016)

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