Managing Your Boss

Kolumne "Hirt on Management". Folge 12: Wie Sie mit Vorgesetzten optimal umgehen.

In unserer Rubrik "Hirt on Management“ beantwortet Michael Hirt, Managementexperte und -berater, Executive Coach und Keynote Speaker, alle zwei Wochen Fragen von Managern zu herausfordernden Situationen und kritischen Entscheidungen.

Frage: Ich bin Führungskraft und habe gerade einen neuen Vorgesetzten bekommen. Worauf muss ich achten?

Michael Hirt antwortet: Kaum jemand hat einen so hohen Einfluss auf Ihren beruflichen Erfolg, wie Ihr Vorgesetzter bzw. Ihre Vorgesetzte. Sie können sich noch so bemühen und noch so gute Arbeit in Ihrem Verantwortungsbereich leisten, wenn Ihr Chef auf seinen Händen sitzt, keine oder falsche Entscheidungen trifft, dann gehen Ihre Anstrengungen ins Leere.

Daher ist es entscheidend, dass sie für die Zusammenarbeit mit Ihrem Chef und die Beziehung zu ihm Verantwortung übernehmen. Ziel ist eine produktive, kooperative und faire Beziehung aufzubauen, die zum beiderseitigen Vorteil gestaltet wird.

Dazu müssen Sie als Ausgangspunkt verstehen, dass die Beziehung Vorgesetzter-Mitarbeiter keine Einbahnstraße ist, sondern eine gegenseitige Abhängigkeit. Ihr Vorgesetzter braucht Sie, um seine Ziele zu erreichen und Sie benötigen Ihren Vorgesetzten, um Ihre Ziele zu erreichen.

Ego-Bedürfnisse im Zaum halten

Eine weitere Erkenntnis aus der Praxis ist, dass es sehr selten gelingt, seinen Vorgesetzten umzuerziehen und dazu zu bringen, sich zur Gänze an die Erwartungen der Mitarbeiter anzupassen. Sie müssen also lernen, Ihre eigenen Ego-Bedürfnisse und Allmachtsfantasien im Zaum zu halten und dem Vorgesetzten ein Stück entgegenkommen.

Jedenfalls sollten Sie die Basics einer guten Zusammenarbeit mit einem Vorgesetzten einhalten. Halten Sie Ihren Vorgesetzten auf dem Laufenden. Seien Sie zuverlässig und ehrlich. Vermeiden Sie Überraschungen, insbesondere unangenehme.

Wie in einer Kundenbeziehung ist es auch in der Beziehung zum Vorgesetzten hilfreich, sich in seine Schuhe zu versetzen. Welche geschäftlichen und persönlichen Ziele möchte oder muss er erreichen? Welche geschäftlichen und persönlichen Herausforderungen muss er dazu überwinden? Wo liegen seine Stärken und damit Bereiche, die Sie für den gemeinsamen Erfolg möglicherweise nutzen können? Wo liegen seine Schwächen und damit Bereiche, bei denen Sie Ihrem Chef helfen können? Was sind seine bevorzugten Arbeitsmethoden?

Ist der Chef ein Leser oder Hörer?

Eine ganz wesentliche Unterscheidung bei den Arbeitsmethoden ist zwischen „Lesern“ und „Hörern“ zu machen.  Hier geht es um den Hauptinformationskanal, mit dem der Vorgesetzte Informationen aufnimmt, um Entscheidungen zu treffen.

Ist ihr Vorgesetzter ein „Leser“, dann zieht es vor, Informationen aus schriftlichen Quellen, wie zum Beispiel Memos aufzunehmen. Ist der Vorgesetzte ein „Hörer“, dann zieht es vor, Informationen aus mündlichen Quellen, wie zum Beispiel einem Gespräch aufzunehmen. 

Entscheidend ist, dass Sie Ihre Kommunikation an die bevorzugte Arbeitsmethode des Vorgesetzten anpassen und dem Vorgesetzten nicht ihre bevorzugte Kommunikationsmittel aufzwingen, denn das kann zu unerwünschten Nebenwirkungen führen.

Wenn ich einem „Hörer“ Memos oder lange E-Mails schicke wird er diese nicht lesen, die Information wird einfach nicht bei ihm ankommen. Er wird sich schlecht informiert fühlen und mich möglicherweise sogar für inkompetent halten. Wenn ich einem „Leser“ lange, möglicherweise sogar unstrukturierte „Stream of Consciousness“-Vorträge halte, wird er beginnen, mich zu hassen und sich überlegen, wie er mich schnellstmöglich los wird.

Rebellion und Unterwerfung

Bedenken Sie auch, dass Ihre Reaktion auf Ihre Abhängigkeit von Autoritätsfiguren sehr stark durch Ihre eigene psychologische Ausrichtung und Emotionalität geprägt ist. Es gibt hier zwei extreme Haltungen, die beide nicht wirklich einer konstruktiven Zusammenarbeit zuträglich sind.

Das eine Extrem ist die Rebellion. Hier entwickle ich so einen großen Widerstand gegen die Autoritätsperson, dass dieser in Ablehnung und unqualifizierten Hass umschlägt.

Das andere Extrem ist die Unterwerfung. Hier passe ich mich so stark an die Autoritätsperson an, dass sich ihr kritiklos folge.

In der Praxis gibt es einen angemessenen Mittelweg zu finden. Also sich dort an die Anforderungen und Bedürfnisse des Vorgesetzten anzupassen, wo es für die Sache sinnvoll ist und vom eigenen Ego noch verkraftet werden kann. Aber an den Stellen, wo es sachlich erforderlich ist, „dagegen“ zu halten. Aber auf eine Art und Weise, die es dem anderen möglichst leicht macht, diesen Widerstand als produktiv und konstruktiv wahrzunehmen und im Sinne der Sache anzunehmen.

Beauty-Contest im Büro

Zuletzt, lassen Sie Ihren Chef gut ausschauen. Sorgen Sie dafür, dass Ihr Chef Erfolgserlebnisse hat und bei seinem Vorgesetzten und seinen Peers gut dasteht. Sie haben nichts davon, wenn Sie Ihren Chef blamieren oder schlecht ausschauen lassen. Im Gegenteil, es wird höchstwahrscheinlich zu einem frühzeitigen Ende Ihrer Laufbahn in diesem Unternehmen führen.

Wenn Sie merken, dass sie trotz aller redlichen Anstrengungen, keine gute Zusammenarbeitsbasis mit ihren Vorgesetzten herstellen können, dann werden Sie sich wohl auf die Suche nach grüneren Weiden und neuen Chefs, entweder im eigenen Unternehmen oder woanders machen müssen.

Das Wichtigste in Kürze

Erfolgsorientierte Mitarbeiter übernehmen Verantwortung für die Beziehung zu ihrem Vorgesetzten, bekommen ihre eigenen Egobedürfnisse in den Griff und stellen sich so weit wie möglich auf ihren Vorgesetzten ein.

Schicken Sie Ihre Fragen an Michael Hirt an: karrierenews@diepresse.com

Die Fragen werden anonymisiert beantwortet.

Ausblick: Die nächste Kolumne von Michael Hirt erscheint am 4. Februar zur Frage: Warum Sport für Führungskräfte Zeitverschwendung ist

Hier finden Sie die gesammelten Kolumnen:

Meine Chefs spinnen

Mein Kollege demontiert mich

Mein bester Mitarbeiter ist demotiviert

High-Heels oder graue Maus

Bullshit or not? Tablets für Manager

Taten, statt heißer Luft

Goldene Rolex oder nicht?

Warum Business-Pläne Blödsinn sind

Warum Führung ein Vollkontaktsport ist

Der Jahresstart für Manager

Warum Inbox Zero gefährlicher Unsinn ist

Dr. Michael Hirt, geboren 1965 in Wien, ist Managementexperte und -berater, Executive Coach, Keynote Speaker und Buchautor. Hirt verhilft Führungskräften zu schnellen Leistungs- und Ergebnissteigerungen, mit hoher Auswirkung auf den Erfolg ihres Unternehmens. Er studierte in Österreich, Kanada (McGill) und Frankreich (INSEAD MBA) und ist weltweit tätig.

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