Amazon: Musik statt Pakete

File photo of a just-delivered Amazon box on a counter in Golden Colorado
File photo of a just-delivered Amazon box on a counter in Golden Colorado(c) REUTERS (RICK WILKING)
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Der Onlinehändler will nun auch im Streaming-Geschäft der Konkurrenz Paroli bieten. Mit den Quartalszahlen enttäuschte er.

Seattle/Wien. Bücher, Kleidung, Drohnen, Fernsehen, und nun auch noch Musik: Es gibt kaum ein Geschäftsfeld, in das der US-Onlinehändler Amazon nicht vorzudringen versucht. Mit einem eigenen Streaming-Dienst will Unternehmensgründer Jeff Bezos anderen Konzernen nun erneut Paroli bieten. Entsprechende Gespräche mit der Musikindustrie für ein Online-Bezahlmodell sollen bereits laufen, berichtet die „New York Post“. Die Kosten dafür könnten sich auf knapp zehn Dollar pro Monat belaufen. In diesem Preissegment bewegen sich auch andere Musikstreaming-Dienste.

Zwar bietet der Konzern aus Seattle mit Prime Music bereits jetzt das Abspielen von Songs aus dem Internet an. Doch ist deren Konsumation nur jenen vorbehalten, die über eine entsprechende Jahresmitgliedschaft bei Amazon verfügen. Die Musikauswahl ist mit „nur“ einer Million Titel aber begrenzt. Plattformen wie die von Branchenprimus Spotify stellen ihren Kunden mehr als 30 Millionen Songs zur Verfügung. Eine ähnlich große Auswahl bietet Apple Music, das im Vorjahr an den Start gegangen ist. Bei Spotify haben Kunden zudem die Wahl, Musik gratis zu hören oder sie werbefrei gegen Entgelt zu nutzen. Das neue Produkt von Amazon soll mehr bieten als Prime Music.

Amazon stößt wie viele andere US-Technologiegiganten in Bereiche vor, die nicht zu seinem eigentlichen Kerngeschäft zählen. Der Versandhändler will eine Flugzeugflotte aufbauen oder besitzt eine Lizenz als Seefrachtdienstleister. Einige Logistiker fürchten bereits, der Konzern könnte sich als ernsthafter Konkurrent etablieren. Amazon hat eigenen Angaben zufolge in Spitzenzeiten Probleme, auf externe Dienstleister zurückzugreifen. Diese seien oft nicht in der Lage, die Menge an Paketen zu bewältigen.

Gute Zahlen, Aktie fällt

Für das (wegen des Weihnachtsgeschäfts) traditionell starke vierte Quartal wartete Amazon mit einem Rekordgewinn auf: Der Überschuss kletterte um mehr als die Hälfte auf 482 Mio. Dollar (440 Mio. Euro), wie der Konzern am Donnerstagabend mitteilte. Der Umsatz legte im Vergleich zum Vorjahresquartal um 22 Prozent auf 35,7 Mrd. Dollar zu. Für das erste Quartal 2016 stellte Amazon einen Umsatz zwischen 26,5 und 29 Mrd. Dollar und ein operatives Ergebnis zwischen 100 und 700 Mio. Dollar in Aussicht.

Die Anleger hatten mit mehr gerechnet, die Aktie rutschte im nachbörslichen Handel tief ab. Seit Beginn des Vorjahres steht noch immer ein Plus von mehr als 80 Prozent. Die Aktie ist in den vergangenen Jahren rasant gestiegen, obwohl Amazon lange keine Gewinne schrieb. Billig ist das Papier noch immer nicht: Der Kurs ist mehr als hundert Mal so hoch wie der geschätzte Gewinn des laufenden Jahres. Was den Gewinn schmälert: Konzernchef Jeff Bezos tätigt hohe Investitionen, um die Vormachtstellung im E-Commerce zu verteidigen. (nst/b. l.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.01.2016)

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