Reichelt: „Will kein Voltaren-Testfahrer werden“

ALPINE SKIING - OESV press conference
ALPINE SKIING - OESV press conference(c) GEPA pictures (GEPA pictures/ Manfred Hassl)
  • Drucken

Die Einnahme von Schmerzmitteln kann Auslöser für Stürze sein, vermutet Renndirektor Markus Waldner. Hannes Reichelt hat noch eine andere Erklärung parat.

Garmisch-Partenkirchen. Ist es das Material, die Präparierung, die hohe Belastung oder einfach nur Pech? Vor der Abfahrt in Garmisch-Partenkirchen (11.30 Uhr, live ORF eins) rätselt der Ski-Weltcup über die Verletzungsserie in diesem Winter. FIS-Renndirektor Markus Waldner hat nun auf einen bisher unterschätzten Aspekt hingewiesen: „Es ist möglich, dass das ständige Schlucken von Schmerzmitteln ein Auslöser für Stürze ist, so wie auch mangelnde Fitness“, meinte Waldner in einem Ö3-Interview. Die Medikamente könnten schließlich das Bewusstsein und die Konzentration beeinträchtigen.

Jedenfalls ist der Gebrauch von Analgetika im Weltcup weit verbreitet, wie einige Beispiele zeigen: Georg Streitberger und Matthias Mayer haben vor ihren folgenschweren Stürzen in Kitzbühel und Gröden Schmerzmittel eingenommen; Christof Innerhofer gab zu, von 2012 bis 2015 kein Rennen ohne Voltaren und Co. bestritten zu haben; Ted Ligety hatte ebenfalls auf Analgetika gesetzt, ehe er sich am Mittwoch bei einem Trainingssturz einen Kreuzbandriss zuzog. In Garmisch greift nun auch Hannes Reichelt ausnahmsweise auf Schmerzmittel zurück, wenn auch nur zur Entzündungsvorbeugung nach seinem Kitzbühel-Sturz.

Tabletten oder Riesentorlauf

Während Innerhofer vor allem die Pistenpräparierung, die in den vergangenen zwei Jahren „danebengegangen“ und „ein Wahnsinn für den Körper“ sei, für den Schmerzmittel-Konsum verantwortlich macht, sieht Reichelt noch eine weitere Ursache für die vielen körperlichen Beschwerden. „Ich schaue einen Riesentorlauf-Ski nur an und mir schießt es schon ins Kreuz“, sagte der Salzburger. Auch Abfahrer trainieren mangels Trainingsstrecken meist auf RTL-Skiern. Deren vor über vier Jahren auf 35 Meter erhöhter Radius mag zwar Knieverletzungen vorbeugen, für den Körper sind die neuen Bretter aber eine kräfteraubende Angelegenheit. Tatsächlich kommen viele Läufer schon angeschlagen zum ersten Rennen der Saison.

Reichelt stand vor der Entscheidung, Schmerzmittel zu nehmen oder mit dem RTL aufzuhören. Er hat sich für Letzteres entschieden. „Ich will kein Testfahrer von Voltaren werden.“ Auch Romed Baumann sieht den Gebrauch von Analgetika äußerst skeptisch. Er sagt: „Ich hatte eine Patellasehnenentzündung und bin ein paar Mal mit Schmerzmitteln gefahren, habe dann aber damit aufgehört, weil ich nicht frisch im Kopf war. Mir war das zu gefährlich.“ (joe)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.01.2016)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Aleksander Aamodt Kilde
Wintersport

Ski alpin: Norweger Aamodt Kilde gewinnt Garmisch-Abfahrt

Aleksander Aamodt Kilde fuhr mit Startnummer 30 zu seinem ersten Weltcupsieg. Patrick Schweiger wurde 14., Hannes Reichelt schied aus.
SKI-WORLD-TRAINING
Wintersport

Ski alpin: Schmerzmittel, die unterschätzte Gefahr

In der aktuellen Sicherheitsdebatte im alpinen Ski-Zirkus hat FIS-Chef-Renndirektor Markus Waldner auf einen bisher wohl unterschätzten Aspekt hingewiesen.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.