Prozess gegen Jihadisten: Massentötungsvideo vorgeführt

PROZESS GEGEN MUTMASSLICHEN JIHADISTEN IN GRAZ
PROZESS GEGEN MUTMASSLICHEN JIHADISTEN IN GRAZAPA/ERWIN SCHERIAU
  • Drucken

In Graz wird heute der Prozess gegen einen mutmaßlichen Jihadisten fortgesetzt. Ein Bekannter des Angeklagten ist auf einem Propaganda-Video für den sogenannten IS zu sehen.

Im Grazer Straflandesgericht ist heute der Prozess gegen einen mutmaßlichen Jihadisten fortgesetzt worden. Dem gebürtigen Bosnier wird vorgeworfen, dass er der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) beitreten und weitere Mitglieder rekrutieren wollte. Einer seiner angeblich vermittelten Bekannten ist auf einem IS-Propaganda-Video zu sehen, das in der Verhandlung gezeigt wurde.

Am Nachmittag des zweiten Verhandlungstages ist es erneut um die Videos gegangen, die bei dem Angeklagten auf CDs und am Computer gefunden worden waren. Darunter ein Film, der detailliert eine Massenenthauptung von gefangenen Soldaten durch IS-Kämpfer zeigt. Der Angeklagte, dem vorgeworfen wird, ebenfalls dem IS anzugehören, betonte lautstark: "Ich bin Muslim, ich gehöre zu keiner Organisation."

Nachdem es zunächst zu einer heftigen Koran-Diskussion in Bezug auf die Auslegung einiger Verse zwischen Staatsanwalt und Beschuldigtem gekommen war, wurden die Videos gezeigt. Unter anderem jener Streifen, der zeigt, wie IS-Anhänger in einer Reihe stehen und gefangenen Soldaten mit einem Messer die Köpfe abtrennen. "Für mich ist das der Inbegriff der politischen Pornografie", meinte der Staatsanwalt zu dem blutigen Propaganda-Video. "Haben Sie den Film gesehen?", wollte der Richter vom Angeklagten wissen. "Weiß ich nicht", antwortete der Bosnier. "Das heißt, Sie schauen dauernd solche Filme?", schloss der Richter aus dieser Antwort.

"Ich würde keine schlimme Tat machen"

Nachdem die Hinrichtung gezeigt worden war, fragte der Vorsitzende den Beschuldigten: "Würden Sie hier mitmachen, wenn Sie dazu aufgefordert werden würden?" "Nein, ich bin seit 23 Jahren hier, ich würde keine schlimme Tat machen", lautete die Antwort. "Also geben Sie zu, dass es eine schlimme Tat ist?", hakte der Richter nach. "Ich kann das nicht sagen, ich weiß es nicht, ich war nicht dort", wich der Angeklagte aus.

Davor bat der Beschuldigte darum, im Prozess "unnötige Verzögerungen zu vermeiden, wenn das möglich ist". Daraufhin ging der Richter mit ihm die Zeugenliste durch. "Ich brauche keinen von denen", meinte der Angeklagte vor allem in Hinblick auf die Zeugen der Anklage. Ob nun alle gehört werden oder nicht, wurde zunächst aber nicht entschieden.

Dann ging die Befragung durch den Richter weiter, der ganz konkret wissen wollte: "Würden Sie sich als Jihadist bezeichnen?". "Ich bin ein Muslim", antwortete der Bosnier. "Sind Sie ein Sunnit?", hakte der Richter nach, denn der Beschuldigte hatte sich in einer Einvernahme selbst so bezeichnet. "Ich bin ein Muslim, aber Sie können mich nennen, wie Sie wollen", meinte der Angeklagte betont höflich.

Bosnier soll Bekannte nach Syrien vermittelt haben

Dann ging es wieder um die Videos, die bei der Hausdurchsuchung sichergestellt wurden und die in vielen Fällen Gewaltszenen zeigen. "Ich habe die Videos gesammelt, um Arabisch zu lernen", beharrte der Beschuldigte. "Welche Art von Vokabeln wollten Sie dabei lernen?", fragte die beisitzende Richterin. "Ausdruck und so". "Aber das sind nur Gewaltvideos", entgegnete die Richterin. "Man sollte sich mit jedem Gebiet beschäftigen", war seine Antwort.

Auf einem der Filme war jener Bekannte zu sehen, den der Bosnier in einem Gebetszentrum angeworben und dann nach Syrien vermittelt haben soll. In einem Propaganda-Video für den IS ist er in der Reihe der Kämpfer in Großaufnahme zu sehen. "Warum steht der bei der Kampftruppe?", fragte der Richter. "Was kann ich dafür?", so der Befragte. Dann wurden ihm Telefongespräche vorgebracht, in denen er mit seinem Bekannten über einen "Ausflug" sprach - und zwar kurz vor dessen Ausreise nach Syrien. "Hast du schon Pläne?", fragte er den Kollegen. "Hier ist es nicht geeignet für einen Ausflug", soll auch gefallen sein. Angeblich ging es bei dem Gespräch um "einen Ausflug mit der Familie und so", erklärte der Angeklagte. "Wie stehen Sie zu einer Ausreise nach Syrien?", fragte der Richter. "Wer gehen will, soll gehen", antwortete der Bosnier.

(APA)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

STEIERMARK: PROZESS GEGEN MUTMASSLICHE JIHADISTEN IN GRAZ
Home

Jihadisten-Prozess in Graz: Fünf Tschetschenen angeklagt

Von acht Beschuldigten erschienen drei Männer und zwei Frauen. Der Hauptangeklagte soll Kämpfer nach Syrien geschickt haben.
Österreich

Jihadisten-Prozess: „Das ist politische Pornografie“

Anklage führte Enthauptungsvideos aus dem Archiv des Angeklagten vor. Der will sie für Sprachschulung genutzt haben.
Österreich

Prozess gegen Jihadisten: Bin „milder Gläubiger“

Ein angeklagter Bosnier bestreitet am Grazer Straflandesgericht eine Tätigkeit für den Islamischen Staat. Der Staatsanwalt wirft ihm „massiv faschistische“ Ideologie vor.
Österreich

Der IS-Headhunter von Graz

Für mehrere Jihadisten-Prozesse wird das Landesgericht Graz zum Hochsicherheitstrakt. Erster Angeklagter ist ein Bosnier, der in einem kleinen Verein Kämpfer rekrutiert haben soll.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.