Bereits zehn eigene Flüchtlingsklassen in Wien

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2000 Flüchtlinge gehen in Wiener Pflichtschulen zum Unterricht. Die Lehrergewerkschaft befürwortet die Einrichtung eigener Klassen für die Kinder.

Rund 10.000 Flüchtlingskinder sind seit Beginn des Sommersemesters an österreichischen Schulen, davon 8500 allein an den Pflichtschulen. 2000 davon gehen in Wien zur Schule, das sind rund zwei Prozent aller Schüler in der Hauptstadt. Wegen des Flüchtlingsanstroms sind hier seit Jänner in mehreren Pflichtschulen eigene Flüchtlingsklassen entstanden - insgesamt zehn solcher Klassen gibt es, berichtet das Ö1-Morgenjournal.

Die erste extra Flüchtlingsklasse wurde Anfang Jänner in der Volksschule Klettenhofengasse im 18. Bezirk ins Leben gerufen. Seien die Schüler anfangs noch in Regelschulklassen integriert worden, habe man später eigenen Mehrtstufenklassen gegründet, da die Schüleranzahl in den regulären Klassen bereits erreicht gewesen sei. Maximal sind 25 Schüler pro Klasse erlaubt.

Mehrstufenklassen sind Klassen, in denen Kinder im Alter zwischen sechs und zehn Jahren gemeinsam lernen - in Wien schon seit langen Jahren ein bei Eltern gefragtes Modell. In ihren Klassen lernen die Flüchtlingskinder einiges über den Alltag in Österreich und erwerben Deutsch- und Mathematik-Grundkenntnisse, berichtet Ö1. Neben ihrer Klassenlehrerin hätten sie eine Sprachförderlehrerin und eine Lehrerin, die ihnen mit Arabisch weiterhelfe.

Trennung hat Vor- und Nachteile

Die Trennung von den anderen Schülern habe zwar Vorteile, meint die Direktorin der Schule. Es sei gut, wenn die Kinder intensiv mit Deutsch betreut würden. Dennoch werde versucht, die Flüchtlingskinder ab Herbst wieder am allgemeinen Unterricht teilhaben zu lassen. Denn in Sachen Integration sei es klarerweise besser, wenn sie in eine Regelklasse gingen.

Ende Jänner schlugen Wiens Lehrer wegen der Zusatzbelastung Alarm: Angesichts der steigenden Zahl von Flüchtlingskindern würden die Pflichtschulen in der Hauptstadt an ihre Grenzen stoßen, hieß es in einem Brief der Gewerkschaft an Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek. In der Vorwoche hatte die Lehrergewerkschaft daher 1000 zusätzliche Fachkräfte gefordert - vor allem Schulpsychologen, administratives Personal, Schulsozialarbeiter und Dolmetscher.

Problematisch sei, dass die Zusammensetzung der Klassen in Wien aufgrund der Zuwanderung in den vergangenen Jahren ohnehin schon sehr heterogen sei, sagte der Vorsitzende der Gewerkschaft, Stephan Maresch, im Interview mit Ö1. Die Flüchtlingskrise sei darüber hinaus eine große Herausforderung. "Bei der großen Anzahl an Flüchtlingskindern machen die Extraklassen Sinn", sagte Maresch. Wichtig sei, dass die Kinder Deutsch könnten, bevor sie in Regelklassen eintreten.

Bildungsministerin: "Übergangslösung"

Im Vorjahr hatte die Stadt Wien noch betont, dass es keine Ausländerklassen, keine Zuwandererklassen und auch keine eigenen Deutschklassen geben werde. Kinder mit Migrationshintergrund sollten von Beginn an integriert werden. Nun heißt es: Das sei "keine neue Politik". Mit der "pragmatischen Lösung" wolle man vermeiden, bestehende Klassen zu trennen, sagte der Wiener Stadtschulratspräsident Jürgen Czernohorszky (SPÖ). Als Dauerlösung seien die Flüchtlingsklassen nicht gedacht.

In Wien verfolge man den Anspruch, alle ankommenden Flüchtlingskinder möglichst unmittelbar an Schulen zu integrieren. Andere Bundesländer würden öfters warten, "bis der Aufenthalt verfestigt ist", so Czernohorszky. Wenn im Herbst die Klassen gebildet werden, könne man die Flüchtlingskinder aufteilen. Nachdem aber der Zuzug weitergehe und er nicht wolle, dass bestehende Klassen aufgrund einer Überschreitung der Schülerhöchstzahlen getrennt werden müssen, "schaffen wir vorbereitend für die Schullaufbahn danach diese Klassen". Die Kinder sollen aber nicht diese "vorbereitenden Klassen" weiter besuchen.

Auch Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) erklärte gegenüber der Mittagsausgabe der "Zeit im Bild", dass es sich hier um eine "Übergangslösung" handle. Einen Kurswechsel im Umgang mit Flüchtlingskindern gebe es nicht.

Laut Czernohorszky würden mit Beginn des neuen Schuljahres die nun in extra Klassen unterrichteten Kinder auch wieder über Wien verteilt. Halte der Flüchtlingsstrom auch danach an, sei nicht auszuschließen, dass man sich wieder mit dieser Maßnahme behelfen müsse. Der überwiegende Teil der bisher rund 2000 in Wien angekommenen Flüchtlingskinder werde weiter in Regelklassen und zudem in "Neu in Wien"-Kursen, in denen der Schwerpunkt auf das Erlernen von Deutsch liegt, unterrichtet.

>>> Zum Bericht auf Ö1.

>>> Zum Interview mit Stephan Maresch.

(Red.)

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