Zehn Flüchtlingsklassen als „Übergangslösung“

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Fluechtlinge(c) imago/Christian Ditsch (imago stock&people)
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In Wiens Schulen wurden bisher 2000 Flüchtlingskinder aufgenommen. Entgegen ursprünglicher Pläne gibt es nun doch auch eigene Flüchtlingsklassen. Im Herbst soll damit (zumindest vorerst) Schluss sein.

Wien. 2000 Flüchtlingskinder wurden bisher in Wiens Schulen aufgenommen. Rein theoretisch sitzt damit in etwa in jeder zweiten Pflichtschulklasse ein Flüchtling. Aber nicht praktisch. Denn die Flüchtlinge verteilen sich nicht gleichmäßig auf die Schulen. In Schulen, die sich in der Nähe von Flüchtlingsunterkünften befinden, müssen überdurchschnittlich viele Flüchtlinge aufgenommen werden. Eine Herausforderung, der man – entgegen der ursprünglich vom Bildungsministerium vorgegebenen Linie – nun doch mit eigenen Flüchtlingsklassen begegnet.

Zehn separate Flüchtlingsklassen gibt es in Wien. Das berichtet das Ö1-„Morgenjournal“. Es handelt sich dabei um Mehrstufenklassen. Die Flüchtlinge lernen dort, egal, wie alt sie sind, gemeinsam Deutsch. An der Volksschule Klettenhofergasse im 18. Bezirk gibt es beispielsweise eine solche Klasse. 15 Flüchtlinge haben dort noch in einer gewöhnlichen Regelklasse Platz gefunden. Bei den nächsten 15, die gekommen sind, war das nicht mehr möglich. Die bestehenden Klassen waren voll und die Klassenschülerhöchstzahl von 25 erreicht.

Die ursprüngliche Idee war eine andere. Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) befürwortete stets die Aufnahme der Flüchtlingskinder im Regelschulsystem. Wien stand eigenen Flüchtlingsklassen – auch wenn man sie lieber als Kurse bezeichnete – stets etwas lockerer gegenüber. Es gibt bereits jetzt mehr als 100 sogenannte Neu-in-Wien-Kurse. Auch dabei werden Flüchtlingskinder (auch schulübergreifend) in eigene Gruppen zusammengefasst. Sie erhalten einen eigenen Stundenplan und lernen Deutsch. Kleine Unterschiede zu den jetzt entstandenen Flüchtlingsklassen gibt es aber: Die Schüler der Neu-in-Wien-Kurse sind einer gewöhnlichen Stammklasse zugeteilt und müssen den Kurs nicht zwingend an fünf Tagen die Woche besuchen. Außerdem können sie während des Schuljahres in eine Regelklasse wechseln.

„Keine bestehenden Klassen zerreißen“

Von einem Schwenk will niemand sprechen. „Das ist absolut kein Kurswechsel“, sagt die Bildungsministerin in der „Zeit im Bild“. Es handle sich lediglich um eine „Übergangslösung“. Ähnlich argumentiert der neue Wiener Stadtschulratspräsident, Jürgen Czernohorszky (SPÖ): Es sei „keine neue Politik“. Mit der „pragmatischen Lösung“ wolle man vermeiden, bestehende Klassen „zu zerreißen“.

In Wien verfolge man den Anspruch, alle ankommenden Flüchtlingskinder möglichst schnell in den Schulen aufzunehmen. Andere Bundesländer würden die Einschulung oft hinauszögern und warten, bis der Aufenthalt verfestigt ist, so Czernohorszky. Um die Wiener Praxis der schnellen Einschulung beibehalten zu können, seien separate Flüchtlingsklassen derzeit die „einzige Alternative“, heißt es aus dem Stadtschulrat.

Als Dauerlösung versteht man die Flüchtlingsklassen aber auch im Wiener Stadtschulrat nicht. Schon im Herbst sollen sie wieder aufgelöst werden. Dann besteht die Möglichkeit, die Klassen neu zusammenzusetzen. Die derzeit in Extraklassen unterrichteten Kinder sollen dann – wenn notwendig – über Wien verteilt werden. Halte der Flüchtlingsstrom auch danach an, sei aber nicht auszuschließen, dass man sich auch im Laufe des nächsten Schuljahres wieder mit der Einrichtung separater Flüchtlingsklassen behelfen müsse.

Die Opposition in Wien fühlt sich angesichts der Flüchtlingsklassen jedenfalls in ihrem Kurs bestätigt: Man habe in der Vergangenheit stets „eigene Deutschklassen“ gefordert. Nun werde das „auch umgesetzt“, so der Wiener ÖVP-Chef Gernot Blümel. (APA/j. n.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.02.2016)

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