Zielpunkt: Die Geschichte der Pleite

Von Löwa zu Zielpunkt zu Plus und wieder zu Zielpunkt: Viele Namen, viele Eigentümer

In den vergangenen Jahren versuchten zahlreiche Eigentümer, die Supermarktkette Zielpunkt aus der Verlustzone zu führen - vergebens. Auch das oberösterreichische Handelshaus Pfeiffer scheiterte. Georg Pfeiffer räumte letztlich ein, dass es ein Fehler war, überhaupt bei Zielpunkt einzusteigen.

"Es hätte uns klar sein müssen, dass wir dieses Projekt mit unseren Möglichkeiten als regionale Handelsgruppe nicht stemmen können", sagte Pfeiffer im "Profil". Trotz der Tragik der Pleite war Zielpunkt ein kleiner Player am heimischen Lebensmittelmarkt: Der Marktanteil belief sich zuletzt auf lediglich 2,5 Prozent. Für etwa die Hälfte der 229 Filialen fand sich kein Abnehmer: Sie wurden geschlossen. 1.250 Beschäftigte wurden dadurch arbeitslos.

Gründung im Jahr 1967

Die Wurzeln von Zielpunkt gehen ins Jahr 1967 zurück. Walter Löwe gründete damals das Handelshaus Löwa, das 1972 an die deutsche Tengelmann-Gruppe (Kik, Obi) verkauft wurde. Aus Löwa wurde Zielpunkt, ab 2003 wurde auf Plus umgestellt. 2008 änderte Tengelmann erneut die Strategie und stellte wieder auf Zielpunkt um. Die unklare Positionierung verwirrte Kunden, führte zu Abwanderung und Millionenverlusten.

Schon seit 2006 stagnierten die Umsätze, ab 2008 gab es bereits erhebliche Umsatz- und Margenverluste. Im Mai 2010 übernahm schließlich der deutsch-luxemburgische Finanzinvestor BluO, hinter dem die früheren Chefs der Beteiligungsgesellschaft Arques, Peter Löw und Martin Vorderwülbecke, steckten, die verlustreiche Kette von Tengelmann. Als Sanierer und Vorstandsvorsitzender wurde der Deutsche Jan Satek gerufen, der Zielpunkt 2012 im Zuge eines Management-Buy-out gemeinsam mit zwei Investoren übernahm.

50 Mio Euro investiert

Nur zwei Monate nach der Übernahme durch Satek stieg der Großhändler Pfeiffer zu 24,9 Prozent ein - bereits damals mit der Option, auf 50 Prozent aufzustocken. Satek wollte Zielpunkt als Nahversorger mit Eigenmarken und österreichischen Produkten positionieren und holte sich dafür mit Pfeiffer einen starken Partner. Doch der Turnaround gelang nicht: 2011 schrieb Zielpunkt einen Nettoverlust von 13,6 Mio. Euro, bei einem Umsatz von 473,5 Mio. Euro. Im Jahr 2012 verdoppelte sich der Nettoverlust auf 31 Mio. Euro. Der Umsatz lag bei 479 Mio. Euro. Das Eigenkapital war mit rund 31 Mio. Euro negativ.

Pfeiffer stieg dennoch bei Zielpunkt ein. Für die oberösterreichische Handelsgruppe, zu der auch Unimarkt und Nah & Frisch gehören, ermöglichte die Übernahme einen schnellen Einstieg in den Wiener Markt. Zielpunkt war in Wien mit 126 Märkten nach Billa die Lebensmittelkette mit der zweithöchsten Filialzahl. Zunächst hielt der Pfeiffer-Anwalt Gerald Schmidsberger die Mehrheit, Pfeiffer selbst war Minderheitsgesellschafter.

Anfang 2014 erfolgte die Totalübernahme durch die Pfeiffer-Gruppe. Damals sah der Plan vor, bis zum Geschäftsjahr 2015/16 Gewinne zu schreiben. Zielpunkt sollte unter Pfeiffer endgültig sein Image als Diskonter abstreifen und zum regionalen Vollsortimenter werden. Nach der Insolvenz wurde bekannt, dass Pfeiffer in Summe 50 Mio. Euro in die Kette steckte. Zur Rettung wären mindestens noch einmal so viel nötig gewesen.

Die Insolvenzanmeldung im November 2015 löste in der Öffentlichkeit große Empörung aus - insbesondere die ausstehenden Novembergehälter und das Weihnachtsgeld für rund 2.700 Beschäftigte sorgten für scharfe Kritik seitens Gewerkschaft, Arbeiterkammer sowie Sozialminister Rudolf Hundstorfer. Die Causa hatte oberste Priorität, weshalb der staatliche Insolvenzentgeltfonds (IEF) die Bezahlung der ausstehenden Gehälter und Weihnachtsgelder in Rekordzeit abwickelte. Zuvor gab es von den Banken die Zusicherung, dass alle Zielpunkt-Beschäftigten ihr Konto überziehen können, ohne Spesen zahlen zu müssen.

Pfeiffer übernahm 68 Filialen

Weiter Öl ins Feuer goss ein kurz vor der Insolvenz abgeschlossener Immobiliendeal Pfeiffers. Pfeiffer übernahm 68 Zielpunkt-Filialen vom früheren Eigentümer Tengelmann. Der Deal nährte den Vorwurf, Pfeiffer investiere lieber in Immobilien, statt in den Fortbestand von Zielpunkt.

Georg Pfeiffer ließ kein Fettnäpfchen aus: Nur drei Wochen vor der Insolvenz-Ankündigung schickte er an alle Mitarbeiter einen Brief, indem er klarstellte, alle Hoffnungen in Zielpunkt zu setzen. "Wir werden mit voller Kraft die Entwicklung von Zielpunkt fortsetzen", hieß es da. Während in Wien die erste Betriebsversammlung verunsicherter Beschäftigter stattfand, schickte Pfeiffer an alle Mitarbeiter Weihnachtsgeschenke samt 10-Euro-Gutschein. Später entschuldigte er sich dafür.

Die Pleite von Zielpunkt hinterlässt nicht nur eine große Lücke am Arbeitsmarkt, sondern riss auch andere Firmen mit in den Abgrund. Prominentester Fall ist der steirische Fleischverarbeiter Schirnhofer. (APA)

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