Der „Walmart-Effekt“ oder Verödung auf amerikanisch

Wal-Mart to Close Hundreds of Stores
Wal-Mart to Close Hundreds of StoresBloomberg
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Nachdem der weltgrößte Einzelhändler zuerst viele kleine Händler zum Aufgeben zwang, gerät der Konzern jetzt selbst unter Druck. Der Online-Trend wurde verschlafen.

Hierzulande kennt man die Verödung der Innenstädte zumeist verursacht durch Shoppingcenter und Fachmarktzentren. Die Agglomerationen an den Stadträndern haben in Österreich schon so manchen Stadtkern aussterben lassen. In den USA ist das ähnlich, nur die Ursache eine andere. Dort schaffte es der weltgrößte Lebensmitteleinzelhändler Walmart im Alleingang den Einzelhandel in den Kleinstädten zu ruinieren.

Walmart wurde 1962 gegründet. Schnell ging es aufwärts, im Vorjahr setzte das Unternehmen 485 Milliarden US-Dollar um. Zum Vergleich: Alle Lebensmittelhändler in Österreich setzten 2015 knapp 20 Milliarden Euro um.

Zum schnellen Erfolg kam Walmart mit niedrigen Preisen und niedrigen Kosten in Form geringer Löhne. Der US-Einzelhandelsriese Walmart hat mit diesem System zahllose lokale Konkurrenten vom amerikanischen Markt verdrängt, berichten mehrere deutsche Medien. Kommt ein großer Händler wie Walmart in eine Stadt, haben es andere Geschäfte schwer.

"Walmart-Express" scheiterte

So klagte Renee Ireland Smith im US-Sender Bloomberg TV: "Walmart hat uns ruiniert". Die Frau betrieb ein Lebensmittelgeschäft in der Kleinstadt Oriental in North Carolina. Der Absatz sei schlagartig um 30 Prozent gesunken, als Walmart im Mai 2014 eröffnet habe. Vergangenen Oktober machte sie den Laden aufgrund der übermächtigen Konkurrenz dicht.

Verlässt dann der große Player die ländliche Region, bleibt verbrannte Erde. Ökonomen nennen das den "Walmart-Effekt". Verstärkt wurde dieser Effekt aufgrund eines 2011 gestarteten Experiments mit Mini-Filialen. Doch das jähe Aus von „Walmart Express“ nach nur wenigen Jahren lässt mitunter tiefe Spuren zurück. Zum Leid der Verbraucher gibt es vielerorts längst keine weiteren Einzelhändler mehr. Und da der Konzern als größter US-Arbeitgeber auch oftmals die wichtigste Einnahmequelle für Steuern darstellt, kommt der Rückzug mitunter einem Kahlschlag gleich.

Einzig an New York biss sich Walmart die Zähne aus. Bürgermeister Bill de Blasio hat aus seiner Abneigung gegen den weltgrößten Einzelhändler nie einen Hehl gemacht: "Walmart gehört nicht nach New York City", machte er 2014 direkt nach seinem Amtsantritt unmissverständlich klar. Die niedrigen Preise und Löhne würden den lokalen Einzelhandel und die Sozialstruktur kaputt machen.

Walmart-Chef Doug McMillon bedauert zwar die Entscheidung weitere Filialen schließen zu müssen, sieht jedoch keine Alternative: "Filialen zu schließen, ist nie einfach, aber es ist notwendig, damit das Unternehmen stark und gut aufgestellt bleibt." Sein Konzern baut nicht nur in den USA ab. 154 der zuletzt 5310 US-Filialen machen dicht, insgesamt werden weltweit 269 Filialen geschlossen, wie Walmart Mitte Januar ankündigte. Davon sind 16 000 Mitarbeiter betroffen.

Online-Trend verschlafen

Auch das vierte Jahresquartal verlief für den Konzern weiter holprig. Der Überschuss sank verglichen mit dem Vorjahreswert um 7,9 Prozent auf 4,6 Milliarden Dollar. Wal-Mart leidet unter harter Konkurrenz durch Internethändler wie Amazon. Investitionen ins Online-Geschäft und Lohnerhöhungen nagen am Gewinn. Der Konzern kappte zudem die Umsatzprognose und rechnet jetzt mit stagnierenden Erlösen im laufenden Geschäftsjahr.

Den Trend zum Online-Shopping hat Walmart jedoch verschlafen. Dazu kommt: Vor rund einem Jahr hob Walmart die Gehälter seiner 1,4 Millionen US-Mitarbeiter deutlich an, was dem oft kritisierten Konzern auch Lob vom US-Präsidenten Barack Obama einbrachte. Aber nicht das Lob der Anleger. Angesichts der aktuellen Zahlen für das vierte Quartal fiel die Aktie vorbörslich um gut vier Prozent.

(red.)

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