Türkei: Regierungskritische Journalisten aus Haft entlassen

Can Dündar und Erdem Gül wurden jubelnd empfangen.
Can Dündar und Erdem Gül wurden jubelnd empfangen.APA/AFP/CUMHURIYET DAILY NEWSPAP
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Mit ihrer Haft seien "Cumhuriyet"-Chefredakteur und Bürochef laut Höchstgericht in mehreren Punkten in ihren Rechten verletzt worden.

Nach drei Monaten in Untersuchungshaft sind die türkischen Journalisten Can Dündar und Erdem Gül sind wieder frei. Die beiden hätten Freitag früh das Silivri-Gefängnis in Istanbul verlassen, berichteten türkische Medien.  Am Donnerstag hatten der Chefredakteur der türkischen Zeitung "Cumhuriyet" und sein Bürochef einen wichtigen Erfolg vor dem Verfassungsgericht errungen. Das höchste türkische Gericht entschied, dass die bedien in mehreren Punkten in ihren Rechten verletzt worden waren.

Die beiden Männer wurden von ihren Familien und Kollegen vor dem Gefängnistor jubelnd empfangen. Das Verfassungsgericht hatte am Donnerstag mit zwölf gegen drei Richterstimmen entschieden, dass die "Rechte auf persönliche Freiheit und Sicherheit" von Dündar und Gül verletzt wurden.

Noch vor vier Wochen hieß es, sie müssten lebenslang ins Gefängnis. Die türkische Staatsanwaltschaft hatte für Dündar und Gül jeweils zweimal lebenslänglich und 30 Jahre Haft gefordert. Ihnen wurde unter anderem versuchter Umsturz der Regierung und Spionage vorgeworfen. Weitere Anklagepunkte waren die Unterstützung einer bewaffneten terroristischen Vereinigung und die Veröffentlichung geheimer staatlicher Informationen.

Wachsender Druck auf Presse in Türkei

Hintergrund ist ein von den beiden verfasster Bericht über angebliche Waffenlieferungen von der Türkei an Extremisten in Syrien."Cumhuriyet" hatte im Sommer Fotos veröffentlicht, die eine Waffenlieferung für Extremisten in Syrien aus der Türkei Anfang 2014 belegen sollen. Die Behörden hatten eine Nachrichtensperre über den Fall verhängt. Die türkische Staatsanwaltschaft leitete daraufhin Ermittlungen ein.

Zudem hätten Dündar und Gül die Ende 2013 aufgetauchten Korruptionsvorwürfe gegen die Regierung unterstützt und damit bei einem Umsturzversuch geholfen, argumentiert die Staatsanwaltschaft. Präsident Recep Tayyip Erdogan betrachtet die Korruptionsvorwürfe als Teil einer Verschwörung der Bewegung des islamischen Predigers Fethullah Gülen gegen die gewählte Regierung. Sie stufen die Gülen-Bewegung als Terrorgruppe ein.

Dündars und Güls Festnahme hatte in der Türkei und anderen Ländern Empörung ausgelöst. Ihr Fall gilt als Beispiel für eine zunehmende Unterdrückung der Presse unter Staatspräsident Erdogan. Der Europarat und mehrere internationale Journalistenverbände kritisierten die Inhaftierungen in dem EU-Bewerberland. Dündar warf der EU vor, die Drangsalierung der Medien in der Türkei aus Rücksicht auf die erhoffte Zusammenarbeit mit Ankara in der Flüchtlingsfrage totzuschweigen.

(APA/dpa/AFP)

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