„Mach das, was du am besten kannst“

Porträt. Gabriele Schallegger ist Mondi-Finanzdirektorin einer der größten Papierfabriken Russlands. Sie hat ihre Karriere
auf Talenten aufgebaut.

Gabriele Schallegger ist gern in Russland. Sie ist Finanzdirektorin und stellvertretende Geschäftsführerin der Mondi Papier- und Zellstofffabrik in der Republik Komi: zwei Flugstunden von St. Petersburg entfernt, fünfmal so groß wie Österreich, aber nur 900.000 Einwohner. 70 Prozent der Fläche sind mit Wald bedeckt.

Das Produkt verstehen

Nahe der Hauptstadt Syktyvkar steht eine der größten Papierfabriken Russlands. „Ich habe die Schlägerungsplätze im Wald besucht“, erzählt Schallegger, „und ich gehe regelmäßig durch die Produktion und spreche mit den Leuten.“ Auch das Handbuch der Papiertechnik habe sie „von vorn bis hinten“ durchgelesen, als sie 2011 bei Mondi an Bord ging: „Als Finanzchefin brauche ich auch technisches Grundverständnis. Das ist wichtig. Ich muss mehr kennen als nur meine Berichte.“

» „Du musst hinausgehen, um das Produkt zu verstehen. Von selbst passiert das nicht.“«

Gabriele Schallegger, Mondi

Daher vergleicht sie ihre Zahlen gern mit der Realität. Als sie noch bei Felix Austria war, schaute sie sich im Supermarkt die Reihen von Gläsern an. Noch weiter davor, bei Baxter Pharma, besichtigte sie Spitäler: „Du musst hinausgehen, um das Produkt zu verstehen. Von selbst passiert das nicht.“

Schallegger wuchs in der südoststeirischen Marktgemeinde St. Anna am Aigen auf. Ihre Familie hatte mit Holz zu tun, eine Parallele zum heutigen Arbeitgeber. „Ich bin überzeugt, dass das, womit man schon früh vertraut war und was man gern getan hat, der beste Wegweiser für die Karriere ist.“

Aus den Meilensteinen gelernt

Während des Studiums in Graz engagierte sie sich bei der Studentenaustauschorganisation AIESEC: „Ich war eine der ersten Erasmus-Studentinnen Österreichs. Dabei habe ich herausgefunden, dass ich mich gut auf neue Situationen einstellen kann.“
Für AIESEC organisierte sie Karrieremessen und trieb Praktikumsplätze für Studenten auf: „So bin ich zum ersten Mal mit Personalchefs in Kontakt gekommen. Und habe verstanden, was ihnen wichtig ist.“

Groß gestartet

Für den Karrierestart suchte sie sich die damalige Big-Five-Prüfungsgesellschaft Arthur Andersen aus: „Seither weiß ich, dass ich regionale Teams führen kann.“ Bei Baxter, der nächsten Station, weitete sie auf internationale Teams aus. „Ich bin vom Finanzfokus in die breite Managementrolle hineingewachsen. Ich habe einfach immer das gemacht, von dem ich schon vorher herausgefunden habe, dass ich es gut kann – und bei Chancen zugegriffen.“

»„Ich habe einfach immer das gemacht, von dem ich schon vorher herausgefunden habe, dass ich es gut kann – und bei Chancen zugegriffen.“«

Gabriele Schallegger, Mondi

Die Kosmopolitin – ihre Einsätze führten sie um die halbe Welt – ist Teilnehmerin des Frauenförderprogrammes Zukunft.Frauen (siehe Kasten). Obwohl sie selbst schon erfahrene Aufsichtsrätin ist, bescherte ihr der Kurs so manche neue Erkenntnis: „Etwa im Modul zu Kommunikation im Topmanagement: Nur wenn man dem Aufsichtsrat ausreichend vorher die Unterlagen zur Verfügung stellt, kann man erwarten, dass er vorbereitet ist. In der Praxis passiert das oft nicht.“

Ungeplante Erkenntnisse

Auch die persönlichen Empfehlungen von Executive Coach Michaela Kern beeindruckten sie. Einer der Tipps passt für viele Frauen: bewusst Raum einnehmen („wir sind oft zu verhalten“) und dabei die eigene Körpersprache im Zaum halten: „Wir reden gern mit den Händen. In Italien kommt das gut an. Für andere Kulturkreise ist es ein bisschen zu dynamisch.“
Das gilt auch für das typisch weibliche schnelle Reden: „Wenn ich engagiert und gut im Thema bin, spreche ich schnell. Hier habe ich gelernt, dass das bei manchen Männern einen Abschaltreflex auslöst. Das beherzige ich jetzt.“

Andere Erkenntnisse ergaben sich ungeplant: „Ich präsentiere viel mit Powerpoint. Im Kurs sind Teilnehmerinnen, die ihre Gedanken unheimlich schnell formulieren können, ohne Slides. Das habe ich mir abgeschaut.“
So wie auch den Rat an die Gruppe, sich einmal im Monat zu treffen: „Jede bringt ihre Themen mit, und wir reflektieren unseren Führungsalltag. Das ist unüblich – aber sehr effektiv.“

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