Arbeitszeit: Sind Firmen unflexibel?

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Österreich liegt in der EU bei den geleisteten Überstunden im Spitzenfeld. Doch viele Menschen wollen gar nicht so viel arbeiten, wie eine Studie der Wirtschaftsuniversität Wien zeigt.

Wien. Der deutsche Motorenzulieferer Bosch beschäftigt in Hallein 1000 Mitarbeiter. Da die Umsätze seit Jahresbeginn konjunkturell bedingt zurückgehen, stellte dort die Geschäftsführung am Montag ein Maßnahmenpaket vor. So werden Arbeitszeitkonten eingerichtet. Bei sinkender Auftragslage können die Konten pro Mitarbeiter bis Ende 2016 um maximal 300 Stunden ins Minus gehen. Die Stunden müssen 2017 und 2018 nachgeholt werden. Ein weiterer Bestandteil ist der Abbau von Überstunden. Damit will Bosch betriebsbedingte Kündigungen vermeiden.

Dieses Modell zeigt, dass auf dem Arbeitsmarkt Flexibilität gefragt ist. Doch Unternehmen wie Bosch sind eine Ausnahme, wie eine am Montag präsentierte Studie über die Arbeitszeiten in Österreich zeigt. Michael Schwendinger von der Wirtschaftsuniversität Wien hat im Auftrag der Arbeiterkammer Daten der Statistik Austria ausgewertet und mit anderen Ländern verglichen. Herausgekommen ist, dass in Österreich zu sehr an starren Arbeitszeitmodellen festgehalten wird.

Im Spitzenfeld bei Überstunden

In kaum einem europäischen Land werden so viele Überstunden geleistet wie in Österreich. So arbeitet in Österreich der unselbstständig Vollzeiterwerbstätige inklusive Überstunden durchschnittlich 41,5 Stunden pro Woche. Österreich lag damit 2014 unter den 28 EU-Ländern auf Platz drei. Nur in Großbritannien und in Portugal arbeiteten die Menschen noch mehr.

(C) DiePresse/ Reuters

Laut Statistik Austria gab es in Österreich im dritten Quartal 2015 rund 4,2 Millionen Erwerbstätige. Hier sind auch die Teilzeitkräfte inkludiert. Von den 4,2 Millionen arbeiteten 975.900 Beschäftigte mehr als 40 Stunden in der Woche. Bei 775.200 Personen lag die wöchentliche Arbeitszeit zwischen 41 und 59Stunden. Hinzu kamen noch 200.700 Österreicher, die sogar mehr als 60 Stunden in der Woche arbeiteten (siehe Grafik).

Interessant daran ist, dass viele Leute gar nicht so viel Zeit an ihrem Arbeitsplatz verbringen wollen. Die Statistik Austria fragt auch nach der gewünschten Arbeitszeit nach. Demnach wollen 610.000Österreicher weniger arbeiten. Durchschnittlich möchten Vollzeitarbeitskräfte ihre wöchentliche Arbeitszeit um eine Stunde und 48 Minuten verkürzen.

Je älter man wird, umso größer ist der Wunsch nach kürzeren Arbeitszeiten. So haben Menschen ab dem 56.Lebensjahr im Durchschnitt den größten Wunsch nach einer Arbeitszeitverkürzung.

Aus der Erhebung geht weiters hervor, dass in Österreich ein Fünftel (21 Prozent) der Überstunden nicht bezahlt wird.

Neben dem Überstundenthema gibt es in Österreich noch einen zweiten Trend: Unser Land liegt in der EU auch bei Teilzeitkräften im Spitzenfeld. So hat Österreich mit knapp 28 Prozent die zweithöchste Teilzeitquote in der EU, nur in den Niederlanden ist der Anteil noch höher. Von Teilzeit sind überwiegend Frauen betroffen.

Besonders viele Teilzeitkräfte

Die Teilzeitarbeitskräfte wiederum wollen durchschnittlich um zwei Stunden und 42 Minuten mehr arbeiten. Eine Reduktion der Überstunden bei den Vollzeitarbeitskräften würde nicht automatisch bedeuten, dass Teilzeitkräfte mehr arbeiten können. Denn die Situation sieht in jeder Branche anders aus. Besonders viele Teilzeitjobs gibt es beispielsweise im Handel.

Trotzdem stellt sich die Frage, warum in anderen EU-Ländern der Anteil der Arbeitskräfte, die nur 30Stunden oder 35Stunden pro Woche arbeiten und dafür entsprechend weniger verdienen, viel größer als in Österreich ist. Laut Arbeiterkammer-Präsident Rudolf Kaske seien in Österreich die Unternehmen oft zu wenig flexibel, um auf die Arbeitszeitwünsche der Beschäftigten zu reagieren. Die Wirtschaftskammer weist das zurück. „Arbeitszeit und Jobs lassen sich nicht wie Kuchenstücke verteilen“, kontert Martin Gleitsmann von der Wirtschaftskammer.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.03.2016)

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