BlackBerry hat seiner eigenen Plattform mit dem Wechsel zu Android selbst den Todesstoß versetzt. Und jetzt verlieren auch Facebook und WhatsApp das Vertrauen und stellen ihre Apps für BB10 ein.
BlackBerry ist in der Krise. Der Marktanteil ist verschwindet gering und bewegt sich bei 0,2 Prozent. Die eigene Plattform erhielt den Todesstoß durch BlackBerry selbst, in dem man zu Android wechselte. Es überrascht also nicht, dass nach und nach große App-Anbieter das sinkende Schiff verlassen.
Nachdem WhatsApp angekündigt hat, künftig keine App-Aktualisierungen zu liefern, zieht Facebook nun nach. Auch ein Versuch das Unternehmen umzustimmen, habe nichts gebracht, erklärt BlackBerry auf der Webseite. Damit verliert BlackBerry zwei Apps mit einer sehr großen Nutzerzahl. Und nach wie vor ist die Angebotspalette auf einer mobilen Plattform entscheidend für den Erfolg.
Auch Microsoft hat nach wie vor mit dem Image zu kämpfen, dass das App-Angebot überschaubar sei. Je mehr Angebot, umso beliebter ist die Plattform, scheint nach wie vor in den Köpfen der Nutzer vorzuherrschen.
1999 brachte der kanadische Hersteller BlackBerry, damals noch unter dem Namen RIM (Research in Motion) das erste Smartphone auf den Markt. Immer mit einer Tastatur. Und immer mit eigenem Betriebssystem. Doch dann kamen Apple und Google. Und die Karten wurden neu gemischt. Die einstige Handy-Größe verlierte zunehmend an Marktanteilen. 2014 verkaufte BlackBerry insgesamt 800.000 Geräte. diepresse.com/Barbara Grech Potenzial für eine Trendwende könnte das BlackBerry Priv haben. Das erste Smartphone, das mit dem Google-Betriebssystem Android entwickelt wurde. Hinter dem 5,4 Zoll großen Display versteckt sich zudem eine vollwertige QUERTZ-Tastatur. diepresse.com/Barbara Grech Trotz dieser zusätzlichen Ausstattung hat das Gerät insgesamt eine Dicke von nur 9,4 Millimeter. Zum Vergleich: Das Galaxy S6 Edge ist sieben Millimeter dick und das iPhone 6S Plus (5,5 Zoll Display) 7,1 Millimeter. Nominal ein Unterschied von zwei Millimeter. In der Praxis sogar ein Vorteil. diepresse.com/Barbara Grech Das Gerät liegt angenehm und sicher in der Hand. Jedoch macht sich das Gewicht von knapp 192 Gramm mit der Zeit bemerkbar. Zu den bereits erwähnten Geräten ist das ein Unterschied von bis zu 60 Gramm. Das iPhone 6S Plus bringt 172 Gramm auf die Waage. Das Samsung-Smartphone hingegen nur 132 Gramm. diepresse.com/Barbara Grech Die Kamera mit 18 Megapixel auf der Rückseite steht zwar leicht ab, ist aber im Gegensatz zu anderen Modellen der Konkurrenz kein Störfaktor. Auch wenn das Priv am Tisch liegt, kann man es ohne Wackeln bedienen. diepresse.com/Barbara Grech Das 5,43 Zoll große Gerät, dessen Abmessungen 147 x 77,2 x 9,4 Millimeter betragen, liegt sehr gut in der Hand. Das auf den ersten Blick wie Polycarbonat wirkende Gehäuse besteht indes aus gewebter Kohlefaser. Ein Material das vorrangig aus der Formel-1 bekannt ist und dort zur Stärkung des Monocoques, dem Herzstück eines Rennboliden, genutzt wird. diepresse.com/Barbara Grech In der Praxis macht sich der Einsatz dieses Materials wohl erst auf lange Sicht bemerkbar. Innerhalb des zweiwöchigen Tests konnten keine sichtlichen Unterschiede festgestellt werden. Beim Testgerät, das "Die Presse" von A1 erhalten hat, hob sich das rückseitige Gehäuse leicht ab. Somit entstand mit der Zeit eine deutlich spürbare Wölbung. diepresse.com/Barbara Grech Hinsichtlich der Verarbeitung die einzige Schwachstelle. Einer übermäßigen Wärmeentwicklung kann dies nicht geschuldet sein. Denn auch bei intensiver Nutzung zeigt sich der verbaute Qualcomm-Prozessor sonderlich unaufgeregt. In Verbindung mit drei Gigabyte RAM werden die Aufgaben prompt und ohne Verzögerung erledigt. diepresse.com/Barbara Grech Auch der Akku mit 3410-mAh wird beim Aufladen nicht warm, maximal Körpertemperatur. Apropos Akku, der überzeugt im Praxistest unter allen Bedingungen. Zwei Tage sind auch bei intensiver Nutzung die Norm. Bei mäßigem bis moderatem Gebrauch sind drei bis vier Tage ebenfalls möglich. Hier hat BlackBerry Soft- und Hardware optimal aufeinander abgestimmt. diepresse.com/Barbara Grech Das Display bietet eine Auflösung von 1440 x 2560 Pixel. Insgesamt drängen sich 541 Pixel pro Zoll. In der Theorie beeindruckend. Auch in der Praxis. An der Farbdarstellung gibt es nichts zu meckern. Die Betrachtungswinkel sind ausgezeichnet. Das an den Seiten leicht abgeschrägte Display ist nicht als optischer Hingucker gedacht. diepresse.com/Barbara Grech Sie bietet dem Nutzer auch einen Mehrwert. Einerseits können über einen seitlichen kleinen Balken alle Informationen aus dem BlackBerry-Hub angezeigt werden und hängt das Gerät am Strom, wird dem Nutzer die voraussichtliche Restladezeit angezeigt. diepresse.com/Barbara Grech BlackBerry hat hier Links- wie auch Rechtshänder bedacht. Der seitliche Balken lässt sich also nicht nur nach eigenen Wünschen anpassen, sondern kann auch links oder rechts gesetzt werden. Um das zu verändern, muss man lediglich den Balken öffnen und oben rechts auf das Zahnrad klicken. diepresse.com/Barbara Grech Und bei der Software hat BlackBerry trotz erstmaligen Einsatzes von Android, einige bekannte Funktionen integriert. Allen voran der "BlackBerry Hub". Zu Beginn mag es unübersichtlich anmaßen, dass alle Arten der Konversationen in eine App zusammengezogen werden. Erweist sich nach einiger Zeit aber als praktisch. diepresse.com/Barbara Grech Als Software kommt Android 5.1.1 zum Einsatz. Doch an Anpassungen hat es BlackBerry nicht mangeln lassen. Wobei hier nicht von sogenannter Bloatware die Rede ist. Im Gegenteil, wer Facebook, Twitter, WhatsApp und andere beliebte Apps haben möchte, muss sie selbst installieren. Das raubt nicht unnötig den internen Speicher. diepresse.com/Barbara Grech Gemeint ist die von BlackBerry-Systemen bekannte Software. Ausgerichtet auf Unternehmenskunden, ist es auch für private Nutzung sehr nützlich. Die App DTEK gibt regelmäßig Aufschluss über den status quo der Sicherheit am Gerät, wobei es auf Herz und Nieren geprüft wird. Außerdem werden unregelmäßige Aktivitäten umgehend angezeigt. Sollte zum Beispiel Facebook auf GPS zugreifen. diepresse.com/Barbara Grech Noch sicherer vor Fremden wird das BlackBerry durch die Displaysperre per Bild. Dafür muss man ein Bild und Ziffern definieren. Wobei hier die Platzierung wichtig ist. Ein Sicherheitsnetz gibt es nicht. Die Gefahr, dass man sich selbst aussperrt, ist also groß. Denn nach zehnmaligem Versuch wird das Gerät auf Werkszustand zurückgesetzt und alle Daten sind verloren. diepresse.com/Barbara Grech Außerdem wurde binnen weniger Tage nach der Aktivierung ein Update angezeigt, das die Lücke Stagefright, die beinahe alle Android-Geräte betrifft, zu schließen. diepresse.com/Barbara Grech BlackBerry hat beim Priv beide Betriebssystem-Welten ideal miteinander verbunden. Keine Workarounds, um Apps auf das BlackBerry-Gerät zu bekommen. diepresse.com/Barbara Grech Doch das Herzstück ist die Tastatur. Es ist und bleibt BlackBerrys Kerndisziplin. Die ausziehbare Hardware-Tastatur wurde aber stetig weiterentwickelt. Somit lassen sich nicht nur SMS angenehmer und schneller tippen, es ist zugleich auch ein Trackpad. diepresse.com/Barbara Grech Von Kollegen in der Redaktion und von Freunden war schnell zu hören, dass die Tasten viel zu klein wären. Nach dem Selbsttest revidierten beinahe alle ihre Urteil. Die Tasten sind abgeschrägt und daher angenehm voneinander abgegrenzt und leicht zu erreichen. Dass die Feststelltaste einen anderen Platz hat als auf einer On-Screen-Tastatur ist zu Beginn ungewohnt, aber binnen kürzester Zeit vergessen. diepresse.com/Barbara Grech Das Navigieren durch die Seiten funktioniert über die Tastatur reibungslos. Ein Doppel-Tippen auf die Tastatur lässt den Cursor erscheinen, um im geschriebenen Text navigieren zu können. Apps, Kurzwahl oder andere Befehle lassen sich über die Buchstaben auslösen. Die einzelnen Tasten können frei belegt werden. Einfach länger die gewünschte Taste drücken. Daraufhin erscheint am unteren Bildschirmrand eine Auswahl an möglichen Funktionen. diepresse.com/Barbara Grech Die Kamera mit 18 Megapixel ist kein Wunderwuzzi und es gibt noch eindeutig Luft nach oben. Bei optimalen Lichtbedingungen sind kaum Schwächen zu erkennen. Deutlich werden diese aber in der Dämmerung und bei schlechter Innenbeleuchtung. diepresse.com/Barbara Grech Die Frontkamera ist für Selfie-Enthusiasten eine Enttäuschung. Für Videotelefonate maximal als ausreichend einzustufen. Hier merkt man, dass BlackBerry auf Unternehmenskunden ausgerichtet ist. Auf die Kameraqualität wurde nicht allzu viel Wert gelegt. diepresse.com/Barbara Grech Zum Schluss drängt sich die Frage auf, warum BlackBerry erst so spät auf die realen Bedürfnisse des Marktes reagiert hat. Ein solides Smartphone, das es technisch mit Samsung und Apple aufnehmen kann, aber dennoch über eine Hardware-Tastatur verfügt. Fünf Jahre früher und das BlackBerry Priv hätte Potenzial gehabt, den Markt aufzurütteln und die Marktanteile neu zu mischen. diepresse.com/Barbara Grech Ausblick: Mittlerweile scheint es für eine erfolgreiche Rückkehr auf das Smartphone-Parkett zu spät sein. Denn mit einem Preis von 799 Euro ist es auch keine budgetäre Alternative zu Apple und Samsung. Eher ist hier von einem Abschied erhobenen Kopfes aus dem Smartphone-Markt in 2016 auszugehen. Das BlackBerry Priv ist definitiv ein gutes Gerät, für das man sich nicht verstecken muss. Doch die Käuferschicht, die meist aus treuen Kunden bestand, ist in der Zwischenzeit zu klein, um die Ausgaben zu rechtfertigen. Der neue Fokus liegt im nächsten Jahr wohl eher auf kostenpflichtigen Sicherheits-Apps. Ein lukratives Feld, das noch nicht so viele Unternehmen für sich entdeckt haben. diepresse.com/Barbara Grech BlackBerry Priv: Der Kanadier mit Tasten Doch noch will man die Niederlage nicht akzeptieren. BlackBerry-Manager Lou Gazolla fordert Nutzer dazu auf, unter dem Hashtag #LoveBB10Apps Facebook zu zeigen, dass die Plattform noch längst nicht dem Untergang geweiht ist.
>>> Hier geht's zum vollständigen BlackBerry-Blogeintrag.
(Red.)
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