Wer bei Sinnen ist, braucht kein Ablaufdatum

Wir werfen zu viel Essen weg, weil wir die Verantwortung dafür abgeben.

Ursprung. Hausverstand. Pure Natur. Wenn es ums Lebensmittelmarketing geht, zeigen die Österreicher durchaus eine gewisse Affinität für eine urtümliche Milchkannenlandwirtschaft. Daheim vor dem Kühlschrank wird diese aber wieder schnell abgegeben. 123 Kilo Lebensmittel wirft laut einer EU-Studie aus dem Vorjahr jeder Österreicher im Schnitt weg. 80 Prozent der Waren waren wohl noch in Ordnung und hätten konsumiert werden können.

Vielfach wurden sie das jedoch nicht, weil sie „abgelaufen“ waren – also das Mindesthaltbarkeitsdatum überschritten war. Es sagt zwar nur aus, dass bis dahin sämtliche Qualitätsmerkmale garantiert sind. Es wird von vielen Konsumenten aber als entscheidende Grenze zwischen „gut – kann man essen“ und „schlecht – sofort in den Müll“ interpretiert.

Essen wirft man nicht weg, lernt man schon als Kind. Erlaubt ist das – ohne schlechtes Gewissen – nur, wenn es nicht mehr genießbar ist. Um diese Entscheidung selbst zu treffen, braucht man ein Empfinden für die Natur und ein Gefühl für Selbstverantwortung.

Wer sich bei diesen Fragen ausschließlich an ein paar aufgedruckte Zahlen hält, verschleudert nicht nur Hunderte von Euro im Jahr. Er gibt auch seine Verantwortung an der Supermarktkassa ab.

jakob.zirm@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.03.2016)

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