Bewerbungsgespräche für höchstes Amt der UNO

UN
UN(c) APA/AFP/FABRICE COFFRINI
  • Drucken

Zum ersten Mal müssen sich die Kandidaten für die Nachfolge von Generalsekretär Ban Ki-moon einer Befragung in der Generalversammlung stellen. Die UN-Staaten wollen so mehr Einfluss auf die Auswahl nehmen.

Wien/New York. Der Präsident der UN-Generalversammlung, Mogens Lykketoft, konnte seine Euphorie kaum verbergen. „Wir segeln hier in unerforschte Gewässer“, jubelte der sonst zurückhaltende Däne am Dienstag vor einer Sitzung der Staatenversammlung in New York. Das Treffen erhob er auch gleich zu einer „potenziell alles verändernden Übung“ für die Zukunft der Vereinten Nationen.

Zum ersten Mal in der Geschichte der Weltorganisation müssen sich die Kandidaten für die Nachfolge von Generalsekretär Ban Ki-moon in einer Anhörung den Botschaftern der 193 UN-Mitgliedsländern stellen. In den jeweils zweistündigen Befragungen wollen sich diese in den nächsten drei Tagen ein detailliertes Bild von den Bewerbern machen. Lykketoft war einer der treibenden Kräfte hinter dieser Initiative für mehr Transparenz im Auswahlprozess. Wenn sich in diesem Prozess ein am besten geeigneter Kandidat herauskristallisiere, so hoffte er, dann werde es für den Sicherheitsrat viel schwerer, sich am Wunsch der Generalversammlung vorbei für einen anderen Bewerber zu entscheiden.

Tatsächlich hat die Wahl des UN-Generalsekretärs bisher immer hinter verschlossenen Türen stattgefunden. Der Sicherheitsrat traf die Entscheidung, genauer gesagt die fünf ständigen Mitglieder (allen voran die USA und Russland) – die Generalversammlung nickte die Auswahl dann nur ab. Auch in diesem Jahr wird es so sein. Aber mit einem transparenteren Verfahren und dem damit einhergehenden moralischen Gewicht hoffen die restlichen Staaten, Einfluss nehmen zu können.

Ein Neunter in letzter Minute

Acht Kandidaten wurden in den vergangenen Monaten offiziell nominiert, am Dienstag kam in letzter Minute ein neunter hinzu: Serbien schlug den früheren Außenminister und Ex-Präsidenten der Generalversammlung, Vuk Jeremić, vor.

Nach einem informellen Rotationsverfahren soll der Ban-Nachfolger zum ersten Mal aus Osteuropa kommen – eine Vorgabe, die Moskau umso größeres Gewicht bei der Auswahl verleiht. Weil gleichzeitig der Ruf nach einer ersten Frau an der Spitze der UNO groß geworden ist, gilt eine qualifizierte weibliche Kandidatin aus einer anderen Region als gute Alternative. Als Favoritinnen werden derzeit vor allem zwei Damen gehandelt: die Bulgarin Irina Bokova, Unesco-Generalsekretärin mit guten Beziehungen zu Moskau, sowie Neuseelands Ex-Premier und Direktorin des UN-Entwicklungshilfeprogramms, Helen Clark. (raa)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.04.2016)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.