Der Reichtum wächst nicht mehr

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Symbolbild.(c) APA/HERBERT PFARRHOFER
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Die österreichischen Haushalte haben netto 430 Mrd. Euro auf der hohen Kante. Wegen niedriger Zinsen und sinkender Reallöhne wächst das Vermögen aber kaum noch.

Wien. Die österreichischen Haushalte sind vergleichsweise reich, aber ihr Vermögen wächst kaum noch. So könnte man die gestern veröffentlichte Studie der Nationalbank (OeNB) über das „Finanzverhalten der privaten Haushalte im Jahr 2015“ in einem Satz zusammenfassen.

Konkret: Die heimischen Privathaushalte besaßen 2015 ein Finanzvermögen von 604,7 Mrd. Euro, dem Schulden (überwiegend aus Immobilienfinanzierungen) in Höhe von 175 Mrd. Euro gegenüberstanden. Ergibt eine „Nettofinanzposition“ von knapp 430 Mrd. Euro. Anders gesagt: Die Haushalte hatten im Vorjahr im Schnitt das 2,2-Fache ihres verfügbaren Jahresnettoeinkommens auf der hohen Kante.

Das ist die gute Nachricht. Die schlechte: Vermögensaufbau war gestern. Die Finanzvermögen steigen kaum noch, wofür die Nationalbank nicht nur das Niedrigzinsumfeld, sondern auch die im Vorjahr erneut um 0,6 Prozent gesunkenen Realeinkommen der Österreicher verantwortlich macht. Das reale Einkommensniveau ist ja fünf Jahre lang konstant abgesunken, was sich nicht nur auf den Konsum, sondern auch auf die Sparquote negativ ausgewirkt hat.

Ertrag geht stark zurück

Konkret ist das kumulierte Finanzvermögen der Österreicher nominell um 2,2 Prozent oder auf 604,7 Mrd. Euro gestiegen. Davon entfielen 10,6 Mrd. Euro auf Neuveranlagungen und nur noch 2,5 Mrd. Euro auf Vermögensertrag. Insgesamt war es damit ein außergewöhnlich schwaches Jahr. In den vergangenen zehn Jahren war die Vermögenszunahme nur zwei Mal (im Krisenjahr 2008 und 2011) noch geringer als im Vorjahr.

Obwohl es mit Sparprodukten nichts mehr zu verdienen gibt, steckt mit 224,1 Mrd. Euro noch deutlich mehr als ein Drittel des Finanzvermögens in solchen Produkten. Allerdings kommt es hier zu starken Umschichtungen: Weil es angesichts der mikroskopisch kleinen Zinsen offenbar ohnehin schon egal ist, werden gebundene Einlagen großflächig aufgelöst und in nicht gebundene umgeschichtet. Konkret sank das Volumen der gebundenen Einlagen um 7,3 Mrd. Euro, jenes der täglich fälligen nahm um 13,7 Mrd. Euro zu.

Sparen bringt real Verlust

Nominell. Denn real ist Sparen längst zum Verlustgeschäft geworden. Laut OeNB wurden nicht gebundene Einlagen im Vorjahr nur noch mit 0,26 Prozent verzinst. Abzüglich KESt und Inflationsrate ergibt das einen realen Vermögensverlust von 0,6 Prozent im Jahr 2015.

Ähnlich krass sieht es bei Anleihen aus: „Festverzinsliche“ brachten 2015 im Schnitt gerade noch 0,7 Prozent, was abzüglich KESt und Inflation einen realen Vermögensverlust von 0,275 Prozent bedeutet. Kein Wunder, dass auch aus diesem Bereich 3,5 Mrd. Euro abflossen.

Investzertifikate statt Anleihen

Auch hier führte das schwierige Zinsumfeld zu Umschichtungen. Während Anleihen verloren, legten Investmentzertifikate um 3,5 Mrd. Euro (also exakt um die Summe, die bei den Anleihen abfloss) zu. Die Anleger weichen den real negativen Anleihenzinsen also in etwas besser rentierende, aber auch etwas riskantere Produkte aus.

Aber zu Börsianern werden sie deshalb noch lange nicht: Das Volumen börsenotierter Aktien im Finanzvermögen nahm zwar von 18,4 auf 19,6 Mrd. Euro zu. Das dürfte aber ausschließlich auf Kursgewinne zurückzuführen sein. Insgesamt machen börsenotierte Aktien gerade einmal 3,2 Prozent am gesamten Finanzvermögen aus. Im internationalen Vergleich ein sehr niedriger Wert. Immerhin: Der Aktienanteil lag damit nicht weit vom Anteil des Bargelds (3,6 Prozent des Gesamtvermögens) entfernt.

Kleines Detail am Rande: Die heimischen Haushalte sind im Schnitt vermögend genug, um eine längere einkommenslose Durststrecke auszuhalten. Die Notenbank-Statistiker haben nämlich ermittelt, dass Bargeld und täglich fällige Einlagen (zusammen 127 Mrd. Euro) gereicht hätten, um 70 Prozent der Konsumausgaben des Jahres 2015 zu finanzieren. (red.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.04.2016)

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