Plug-in-Hybrid-Vergleich: Einstiegsdroge ins rein Elektrische

Praktisch das gleiche technische Konzept, mit nur marginalen Unterschieden in Performance und Anmutung: Mercedes CT350e (links) und BMW 330e – Plug-in-Hybride der deutschen Premium-Mittelklasse.
Praktisch das gleiche technische Konzept, mit nur marginalen Unterschieden in Performance und Anmutung: Mercedes CT350e (links) und BMW 330e – Plug-in-Hybride der deutschen Premium-Mittelklasse.(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Auf dem Papier verbrauchen sie fast nichts. Ihre Wirkung entfalten Plug-in-Hybride aber nur, wenn wenig gefahren und regelmäßig geladen wird. Das ist bei Mercedes TC350e und BMW 330e nicht anders.

In Deutschland ist doch noch Bewegung in das Thema gekommen: Die Regierung hat beschlossen, den Kauf eines Elektroautos künftig mit 4000 Euro Bundesförderung zu unterstützen. Für Plug-in-Hybride sind es immerhin noch 3000 Euro. Vor allem Letzteres hat viele Kritiker auf den Plan gerufen. Aus bekannten Gründen: Ein solches Fahrzeug kann elektrisch fahren – aber auch allein mit dem Verbrennungsmotor. Was dem Klima, um das es ja geht, genau null brächte.

Keine Förderung

In Österreich gibt es keine Bundesförderung für alternative Antriebe, aber doch ein paar Vorteile. So entfällt bei Plug-in-Hybriden die NoVA, und Kfz-Steuer wird nur für die Leistung des Verbrennungsmotors gezahlt, die elektrischen Kilowatt gehen sozusagen gratis durch.

Dennoch kosten Plug-ins im Vergleich zu konventioneller Ware meist mehr, sodass man davon ausgehen kann: Wer ein solches Auto kauft, wird es im Sinn des Erfinders nutzen. Und das bedeutet: Regelmäßig laden und so viel rein elektrisch fahren wie möglich.

Da Österreicher im Schnitt nur 36 bis 40 km pro Tag mit dem Auto zurücklegen, liegt das Potenzial auf der Hand: Wer sich beim täglichen Commuting in diesem Rahmen bewegt, womöglich eine Fotovoltaikanlage zu Hause (oder im Büro) installiert hat, kann sich mit einem Plug-in-Hybriden auf diesen Strecken tatsächlich emissionsfrei und ohne Treibstoffkosten bewegen. Für Ausflüge und Urlaubsfahrten hat man den Verbrenner an Bord, der keine Reichweitenprobleme kennt. So die Theorie.

In der Praxis zeigt sich, dass PHEVs der deutschen Premium-Mittelklasse noch weitere Vorteile bieten, aber auch Nachteile haben. Zunächst ist es ein Genuss, Autos wie den 3er-BMW oder die Mercedes C-Klasse rein elektrisch zu bewegen. Der lautlose Antrieb, der spontan auf das Gaspedal reagiert, und der beim Verzögern das Bremsen übernimmt, weil er Energie rekuperiert, passt hervorragend zum feinen Ambiente. Mit der Power des E-Motors – 82 PS beim Mercedes, 88 PS beim BMW – ist man für den Stadtverkehr allemal gerüstet.

Hinter uns der Unmut

Allerdings sind wir in keinem der beiden über 25 Kilometer weit gekommen. Und das erfordert schon einiges an Umsicht und lässt sich auch nur im Stadtverkehr verwirklichen, ohne sich den Unmut der Hinterherfahrenden zuzuziehen.

Im Alltag wird sich daher der Verbrennungsmotor doch öfters ins Geschehen mischen. Es handelt sich jeweils um 2,0-Liter-Vierzylinder mit Turbo und um die 200 PS. Es ist nicht schlimm, wenn sich die Benziner einschalten – anders als bei Diesel-Plug-ins, in denen man sich vor dem einsetzenden Geratter stets fürchten muss.

Ruft man ihre Leistung beherzter ab, agiert der Elektroantrieb als Tonikum, das die Fahrleistungen merklich verbessert. Die Systemleistung spiegelt das nur ungenügend wider, es ist das kumulierte Drehmoment beider Antriebe, das einen ohne viel Aufhebens ins Sitzleder drückt. Für den sportlichen Betrieb sind beide Autos trotzdem kaum geeignet. Nicht nur von der widersprechenden Philosophie des Konzepts, das auf der Welt ist, um möglichst wenig Sprit zu verbrennen – auch, weil die Autos durch alle E-Komponenten beim Gewicht eine ganze Klasse höher rangieren, was man bei schneller Kurvenfahrt auch zwangsläufig registriert.

Es ist all dieses Gewicht, das den Betrieb eines Plug-in-Hybrids ohne regelmäßiges Anstecken als Dummheit erscheinen lässt – Riesen-Akku, E-Motor, sinnlos mitgeführt. Oder umgekehrt: Man fährt rein elektrisch und leidet an der Last des Verbrennungsmotors. Die ständige Betriebsamkeit des hochkomplexen Systems kann unterhalten, zuweilen aber auch nerven, sodass wir beide Autos manchmal als simple, sparsame und saubere Benziner (mit Automatik) bevorzugt hätten.

In den meisten Fällen dienen Plug-ins ohnehin als Einstiegsdroge – bald will man mehr vom rein Elektrischen. Auf Stromautos im Format des 3er oder der C-Klasse muss man aber noch warten.

MERCEDES C350E T-MODELL VS. BMW 330 E LIMOUSINE

Maße. L/B/H: 4702/1810/1457 mm, Radstand: 2840 mm, Gewicht: 1840 kg, Kofferraum: 450-1470 Liter.

Benzinmotor: R4-Zylinder-Otto-Turbo, 1991 cm3. 300 Nm, 211 PS. E-Motor: 82 PS, Systemleistung: 293 PS, 0–100 km/h in 6,2 Sek. V. Max.: 246 km/h Normverbr.: 2,1-2,4 Liter Benzin plus 11,7 bis 13,8 kWh Strom/100 km.

Preis: ab 52.300 Euro.

Maße. L/B/H: 4633/1811/1429 mm, Radstand: 2810 mm, Gewicht: 1735 kg, Kofferraum: 370 Liter.

Benzinmotor: R4-Zylinder-Otto-Turbo, 1998 cm3. 290 Nm, 184 PS, E-Motor:250 Nm (88 PS), Systemleistung: 252 PS. 420 Nm. 0–100 km/h in 6,1 Sek. V. Max.: 225 km/h Normverbr.: 2,1 Liter Benzin plus 11,9 kWh Strom/100 km.

Preis: ab 45.950 Euro.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.05.2016)

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