Bresnik: "Dominic ist ein Mann geworden"

TENNIS - ATP, French Open 2016
TENNIS - ATP, French Open 2016(c) GEPA pictures/ Matthias Hauer
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Günter Bresnik, Trainer von Dominic Thiem, über seine Rolle abseits des Platzes, den Sturm seines Schützlings ins Halbfinale der French Open.

Die Presse: Buchmacher geben nur noch drei Spielern bessere Chancen als Dominic Thiem, die French Open in Roland Garros zu gewinnen. Ist das eine realistische Einschätzung?

Günter Bresnik: Nein. Da gibt es einen Haufen anderer Spieler, gegen die Dominic verlieren kann, nur die Buchmacher liegen meistens nicht so schlecht. Überrascht bin ich davon jedenfalls nicht. Er hat heuer sehr viele Matches bestritten – und sehr viele gewonnen.


Wodurch unterscheidet sich der Spieler Thiem in Paris 2016 von jenem von vor zwölf Monaten?

Zunächst einmal liegen fünf Turniersiege dazwischen, das sind Welten betreffend des Selbstvertrauens. Sämtliche Schläge haben sich verbessert, vor allem Aufschlag und Return. Und er hat sich körperlich weiterentwickelt. Dominic ist ein Mann geworden, ist in den Top 20 der Welt, bei allen anerkannt. Allein heuer hat er drei Top-Ten-Spieler geschlagen, das ist ihm zuvor in drei Jahren nicht gelungen - eine grobe Verbesserung. In Kombination ergibt das einen anderen Spieler.

Erfolg verändert Menschen. Auch Dominic Thiem?

Der Tennisplatz ist, pathetisch ausgedrückt, das Spiegelbild des Lebens. Er hat sich nicht nur als Spieler, sondern auch als Mensch zu entwickeln. Im privaten Bereich wie im wirtschaftlichen. Er nimmt immer mehr selbst das Heft in die Hand, das ist wünschenswert.

Haben Sie das Gefühl, Sie müssen nicht länger Ihre schützenden Hand über ihn halten?

Dominic war nie auf mich angewiesen. Er kommt aus einer sehr guten Familie, hat einen intakten Freundeskreis. Klar, bei Turnieren gehen wir meistens miteinander essen, aber da gibt es noch fünf, zehn andere, mit denen er sich sehr gut versteht. Meistens sind auch noch Freunde oder Bekannte bei den Turnieren vor Ort, in Rom war zum Beispiel der Onkel mit.

Mitunter wird er auch von seiner Freundin begleitet.

Eine Partnerin an seiner Seite zu haben ist für einen Sportler genauso Teil einer Entwicklung. Das Leben ist für einen Tennisprofi mit 35 ja nicht vorbei. Wenn er also bis dahin nicht die Qualitäten eines erwachsenen Menschen hat, ist er später ein armes Schwein.

Sprechen Sie denn mit ihm auch über andere Themen, abseits des Tennis?

Wir reden schon über alles, glaube ich. Natürlich habe ich mit ihm auch über seine Beziehung gesprochen, seinem Mädl ein Kompliment ausgesprochen. In Amerika hätte ich nicht einmal bemerkt, dass sie vor Ort ist. Bei Dominic richtet sich der Tagesplan aber nicht nach der Freundin oder irgendwelchen privaten Vergnügungen, sondern immer ausschließlich nach dem Training. Wenn wir damit fertig sind, bin ich froh, dass er nicht drei Stunden in seinem Zimmer herumlungert und Computer spielt, sondern mit irgendjemandem etwas unternimmt. Ich mache mir – ernsthaft – keine Sorgen, dass sich das jemals ändern wird.

Thiem sagt, der Erfolg könne sich nicht schnell genug einstellen. Stimmen Sie ihm da zu?

In welchem Tempo das passiert, ist nebensächlich. Mir ist es fast lieber, die Entwicklung passiert langsam und stetig anstatt explosionsartig, gefolgt von einem großen Einbruch. Aber als Sportler wäre er schlecht beraten, würde er sich mit Erfolgen Zeit lassen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.05.2016)

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