"Mich interessiert Holundersaft mehr als ein Audi"

Daniel Dufek mit seiner Tochter, Ela, im Kleingarten.
Daniel Dufek mit seiner Tochter, Ela, im Kleingarten.Stanislav Jenis
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Daniel Dufek definiert sich nicht über Lohnarbeit: Er ist lieber reich an Zeit – und zu Hause bei seiner Tochter.

Manchmal, sagt Daniel Dufek, etwa bei einem Kindergeburtstag, wenn ein Kind hinfällt, sich aufrappelt und weinend „nicht zu Mama oder Papa läuft, sondern zur Leihoma, weil sie die stärkere Bezugsperson ist – dann bin ich froh, dass wir das so deichseln können“.

Es ist ein früher Dienstagnachmittag, Dufek sitzt bei Kaffee auf der Terrasse seines in den Schrebergarten gebauten Häuschens am Rand des Praters; Tochter Ela, fünfeinhalb, bringt frisch gepflückte Erdbeeren. Zuvor haben die beiden gemeinsam eine Hausführung vorgenommen – vom hellen Keller, wo unbenutzt in einem Raum der Fernseher hängt, bis hinauf auf das flache Dach des 50-Quadratmeter-Grundfläche-Hauses, wo in Kisten und Beeten Zwiebeln („Stuttgarter Riese“), Salat und acht Sorten Paradeiser wachsen. Die kleinen Ochsenherztomaten sind die besten, sagt Ela. Wenn man sie einfriert, kommt man mit den Tomaten das ganze Jahr aus, sagt der Vater. Nur über den Energieaufwand dürfe man in dem Fall wohl nicht nachdenken.

Wenn Dufek „das so deichseln“ sagt, dann meint er: dass er bei seiner Tochter zu Hause sein kann, wenn seine Frau als Kinder- und Jugendpsychiaterin in einem Wiener Spital arbeitet. Er holt Ela um zwei vom Kindergarten ab, kümmert sich um den Garten, kocht Sirup ein, Spearmint-Zitronenmelisse steht auf dem Tisch. „Es geht um Wertigkeiten“, sagt er. „Mich interessiert Holundersaft mehr als ein Audi.“

Er selbst habe sich „der regelmäßigen Lohnarbeit ohnehin immer lieber entzogen“. Früher hat er im Blumengeschäft seiner Eltern gearbeitet, lang an der WU studiert, aber nie fertig gemacht, dafür aus Begeisterung ein Tonstudio betrieben, „aber das ist nix zum Geldverdienen“. Ein paar Marshall-Sammlerstücke stehen heute noch im Haus, ein Mischpult im Keller, der Rest des Equipments ist eingelagert: „Heute“, sagt Dufek, „beschäftige ich mich lieber mit meinem eigenen Kind als mit den fünf Kindern einer Band.“

Im ersten Jahr nach Elas Geburt waren beide zu Hause, seine Frau war gerade mit ihrer Facharztausbildung in Psychiatrie fertig geworden. Nach einem Jahr Babypause nahm sie die zweite Ausbildung in Kinder- und Jugendpsychiatrie in Angriff, hatte dabei 80, 90 Wochenstunden zu tun. Mittlerweile ist es weniger, dank der Nachtdienste ist auch sie tagsüber öfter zu Hause. Dafür hat Daniel wieder ein wenig zu arbeiten begonnen: Von Donnerstag bis Samstag arbeitet er abends in der Eden Bar als Haustechniker.


Privilegiert. Von dort kennt er Direktoren, die auch einmal 500 Euro Trinkgeld geben – und Erfolg in der Versorgung der ganzen Familie mit Immobilien messen. Männer, die sich nicht vorstellen können, daheim zu bleiben, weil es heißen würde: „Hast du es notwendig, dass deine Frau arbeiten geht?“ Er kennt andere, die sich das Gemüse aus der Mülltonne beim Supermarkt holen. Und er weiß, dass auch sein Leben im Kleingarten privilegiert ist: „Ohne die finanzielle Hilfe der eigenen Eltern wäre das für uns nicht möglich gewesen.“

Dass er dadurch jetzt „zeitreich“ sei, genießt er sehr. Andere Mütter und Väter würden oft aus allen Wolken fallen, wenn sie nachrechnen, dass ihr Kind 50 Wochenstunden im Kindergarten verbringt. Er will an diesem Dienstag am Abend noch grillen. „Genau darum geht's: Wir grillen, wenn es schön ist, und nicht, wenn Wochenende ist.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.06.2016)

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