Ampelkoalition? „Das passt nicht zusammen“

(c) AP (Winfried Rothermel)
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FDP-Chef Guido Westerwelle beschwört selbstbewusst die Vision einer schwarz-gelben Regierung nach der nächsten Wahl in Deutschland. Über Ämterverteilung will er aber noch nicht sprechen.

Berlin. „Die FDP kann kein Schattenkabinett aufstellen, denn wir haben nur Lichtgestalten.“ FDP-Chef Guido Westerwelle präsentierte sich am Montag gut gelaunt und braun gebrannt in Berlin der Auslandspresse. „Ich bitte alle, die nötige Ironie mitzutransportieren“, fügt er augenzwinkernd hinzu. Westerwelle will nur über Inhalte, nicht aber über Ämter sprechen, nicht über „Posten und Pöstchen“. Dass er in einer schwarz-gelben Regierung das Amt des Außenministers anstrebt, weiß ohnehin jeder, da nützt es kaum, wenn er kokett in den Raum wirft: „Warum fragt mich nicht einmal jemand, ob ich Landwirtschaftsminister werden will?“

Respekt vor den Wählern

Die FDP möchte aus Respekt vor den Wählern, die ihre Entscheidung ja erst am 27.September treffen werden, das Spielchen „Wer wird was?“ nicht mitmachen, sagt der Parteichef und versucht, das Pressegespräch auf Themen wie Familie, Arbeitsplätze, Bildung und Zukunft zu lenken.

Dutzende ausländische Journalisten sind erschienen, die Zeit für Einzelinterviews ist zu knapp, „sorry, wir sind total ausgebucht“, entschuldigt sich der Pressesprecher und blickt über die ellenlange Tafel, von deren entgegengesetztem Ende der FDP-Chef nur noch als winziger Punkt wahrzunehmen ist. Die Journalisten werden mit Häppchen gefüttert und mit ausreichend liberalem Selbstbewusstsein. Es ist eigentlich ganz einfach: Drei Eigenschaften, so Westerwelle, bescherten seiner Partei, gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten, großen Zulauf – sie sei klar, kompetent und glaubwürdig. Erst wenn der FDP auf Bundesebene Regierungsverantwortung übertragen würde, könnten klare Verhältnisse geschaffen und das Staatsschiff auf einen Kurs der Mitte gesteuert werden.

Während die beiden großen Parteien verlieren – die Union liegt derzeit bei 35, die SPD bei 23 Prozent –, konnte die FDP zuletzt um zwei Prozentpunkte auf 16 Prozent zulegen. So stark wie möglich zu werden, ist ihr erstes Ziel, zweitens will sie die Große Koalition beenden und drittens Links verhindern. Eindeutig stellt Westerwelle klar, dass er eine bürgerliche Mehrheit aus Union und FDP anstrebt. „Ich halte eine Ampelkoalition für ausgeschlossen – das passt programmatisch nicht zusammen.“ Die Vision einer schwarz-gelben Regierung, die in den Umfragen eine klare Mehrheit hat, wird laufend beschworen.

„Die FDP vertraut als einzige Partei zuerst den Bürgern, erst dann dem Staat.“ Bürgerlich, das bedeute „Freiheit zur Verantwortung; Verantwortung für sich selbst und seinen Nächsten im eigenen Traum vom Glück zu leben“. Passagenweise klingt Westerwelle eher wie ein Priester oder Lehrer. Der 47-Jährige, der einst mit seinem Guidomobil durch die Lande fuhr und sich die Zahl 18 auf seine Schuhsohlen aufdrucken ließ (18 Prozent als Ziel), wirkt heute gereifter und staatsmännischer. Gelbe Krawatte, randlose Brille, die Arme auf dem Tisch locker übereinandergelegt.

Die Sprache der Bürger

Für die soziale Marktwirtschaft tritt er ein, „wie sie Millionen Bürger wollen“, für ein faires Steuersystem und geringere Staatsausgaben. Die Große Koalition sei vor allem im Schuldenmachen und im Abkassieren groß gewesen, habe nur auf den Staat und die großen Unternehmen geschaut. „Was in der Krise an Strukturreformen nötig gewesen wäre, hat die Regierung nicht gemacht.“ Die FDP spreche jedoch die Sprache der Bürger. Sie will die Staatsschulden durch mehr Wachstum und eine seriöse Ausgabenpolitik in den Griff bekommen und verspricht der Bevölkerung „als einzige Partei“ Steuersenkungen.

AUF EINEN BLICK

Vor den Bundestagswahlen am 27.September finden am 30.August noch Landtagswahlen im Saarland, in Sachsen und in Thüringen statt. Die Union will erst danach eine kurze und harte Auseinandersetzung führen, in der Bundeskanzlerin Angela Merkel als Person herausgestellt werden soll. ■Noch reicht es in Umfragen dank der Spitzenwerte der FDP für die von Merkel angestrebte schwarz-gelbe Mehrheit. Doch um diese zu verhindern, müssten SPD, Grüne und Linke nur wenige Prozentpunkte Verschiebung erreichen. Die Umfragen zeigen, wie unentschlossen viele Wähler noch sind.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.08.2009)

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