Aufgehoben: Bezirkswahl muss wiederholt werden

Leopoldstadt
Leopoldstadt(c) Fabry Clemens
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Grüne wurden im zweiten Bezirk mit 21 Stimmen Vorsprung auf die Blauen Zweiter. Laut Verfassungsgerichtshof kam es zu Unregelmäßigkeiten.

Wien. Der Wahlanfechtung der FPÖ wurde vom Verfassungsgerichtshof stattgegeben. Zumindest wenn es um ihren Einspruch bei der Bezirksvertretungswahl (Oktober 2015) in Wien Leopoldstadt geht. Die Wahl muss nun wiederholt werden.

Denn im Wahlgang im Herbst ist es laut Verfassungsgerichtshof zu Unregelmäßigkeiten gekommen. 23 ungültige Briefwahlstimmen, bei denen etwa außen am Kuvert die Unterschrift gefehlt hat, haben sich offenbar in den Stapel der gültigen Briefwahlstimmen gemischt. Dass hier ein Fehler unterlaufen ist, hat der Bezirk gleich nach der Auszählung gemeldet. Im Büro des zuständigen Stadtrats, Andreas Mailath-Pokorny, legt man darum Wert darauf, nicht von Wahlmanipulation zu sprechen oder Parallelen zur FPÖ-Anfechtung der Bundespräsidentenwahl zu ziehen: „Es geht nicht um Manipulation, aus unserer Sicht ist einfach ein Fehler unterlaufen.“

Auch eine Nachzählung kam zu keinem anderen Ergebnis. 23 Stimmen sind zu viel und sind nicht mehr zuordenbar – sie könnten aber wahlentscheidend gewesen sein. Grüne und FPÖ kämpften um Platz zwei, die Grünen entschieden das Match mit 21 Stimmen Vorsprung für sich und erreichten insgesamt 22,15 Prozent. Somit stellen sie den Stellvertreter des Bezirksvorstehers Karlheinz Hora, der mit der SPÖ 38,64 Prozent holte. Das schlägt sich vor allem monetär nieder, denn die Bezüge für dieses Amt liegen bei 4292 Euro pro Monat. Diese Summe bekommt die grüne Kandidatin Ursula Lichtenegger nun zusätzlich zu ihrem Gehalt im Wiener Dachverband für sozial-ökonomische Einrichtungen ausbezahlt.

Urnengang im Herbst

Das bleibt auch vorerst so. Die derzeitigen Vertreter des Bezirks bleiben interimistisch im Amt, bis laut „Presse“-Informationen vermutlich Mitte September wieder gewählt wird.

Der Termin soll auf nach dem Sommer gelegt werden, um möglichst viele Wähler an die Urne zu bringen. Obwohl es nur bei der Briefwahl Beanstandungen gegeben hat, kann nicht nur dieser Teil der Wahl wiederholt werden. 72.000 Wähler werden noch einmal aufgefordert zu wählen – und zwar jene, die zum Stichtag für die Wahl im Herbst auch berechtigt waren. Ist etwa eine Person inzwischen in einen anderen Bezirk verzogen, darf sie dennoch abstimmen. Die Kosten für die Wahlwiederholung liegen bei rund einer halben Million Euro.

Wie zu erwarten, ist die FPÖ über das Urteil des Verfassungsgerichtshofs erfreut: „Das Urteil des Verfassungsgerichtshofs belegt unseren Verdacht, dass es bei den Briefwahlstimmen zu Unregelmäßigkeiten gekommen ist. Das ist ein Sieg für die Demokratie“, sagt der freiheitliche Klubobmann Dominik Nepp. Interessant wird, wer für die FPÖ als Spitzenkandidat ins Rennen gehen wird: Im Herbst war der Spitzenkandidat Wolfgang Seidl, der mittlerweile aber ein Mandat im Gemeinderat angenommen hat. „Mit Detailfragen müssen wir uns noch auseinandersetzen, ob und inwiefern eine Listenänderung möglich ist“, sagt Christine Bachofner, Leiterin der Wiener Wahlbehörde MA 62. Eine derartige Wahlwiederholung sei für Wien ein Novum.

Auch die Grünen stellen das Urteil des Verfassungsgerichtshof außer Zweifel: „Völlige Transparenz und der korrekte faire Ablauf demokratischer Wahlen sind für die Grünen von höchstem Stellenwert. Deshalb ist das jüngste Urteil selbstverständlich zu akzeptieren“, sagt der grüne Landessprecher Joachim Kovacs – und beginnt gleich mit Wahlwerbung: „Jetzt geht es um eine Richtungsentscheidung in der Leopoldstadt. Wollen wir die Herausforderungen lösen oder wollen wir den Bezirk spalten in Praterstern und Karmelitermarkt?“, sagt er.

Bei dieser Wahl geht es aber nicht nur um ein Match zwischen Grün und Blau – auch alle anderen Parteien müssen sich noch einmal stellen. Bezirksvorsteher Karlheinz Hora sagt dazu: „Ich hoffe, dass ich wiedergewählt werde. Ich hab' mich zumindest immer bemüht und werde mich weiter bemühen: Wir bauen etwa dringend benötigten Wohnraum und Schulen. Ich hoffe, das taugt den Leuten.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.06.2016)

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