Unmündige Einbrecher?

Folgen von Delikten für Kinder nicht voll abschätzbar.

Wien(som). Ein Siebenjähriger als Einbrecher und sogar Wiederholungstäter? Zumindest vom entwicklungspsychologischen Standpunkt lässt sich nicht so einfach diagnostizieren, was österreichische Medien über jene fünfköpfige Bad Ischler Kinderbande schreiben, der auch drei Unmündige angehörten.

Aus einem einfachen Grund: „Ein Siebenjähriger kann aufgrund seiner kognitiven Entwicklung sicher noch nicht abschätzen, welche Konsequenzen sein Verhalten hat“, erklärt Daniela Schuller von der Kinderpsychologischen Praxis in Graz. Anders gesagt: „Sein Denken ist noch nicht so weit.“

Über eine Schuldeinsicht verfügen Kinder in diesem Alter noch nicht – zumindest „nicht in der Weise wie Erwachsene“, sagt Harald Werneck vom Institut für Entwicklungspsychologie der Universität Wien. „Ihr Denken funktioniert noch deutlich anders.“ So ist etwa das Denken von Kindern im Vorschul- bzw. frühem Volksschulalter noch deutlich von Egozentrismus gekennzeichnet: Was in der Welt passiert, führen sie auf sich selbst als Verursacher zurück. „Das ist der Grund, warum viele Kinder im Fall der Scheidung ihrer Eltern glauben, sie hätten etwas falsch gemacht“, sagt Werneck. Allgemein gilt: Bei Kindern in diesem Alter ist die Schuldeinsicht „in irgendeiner Form“ gegeben – etwa als Bewusstsein, „etwas falsch gemacht zu haben“, wie Entwicklungspsychologe Werneck sagt. In Fällen, in denen Kinder eine Straftat begangen haben, liege es an Betreuern oder Eltern, ihnen zu vermitteln, dass diese Tat „etwas Gravierendes“, nicht bloß eine Bagatelle gewesen ist.

Allerdings muss das Kind dort abgeholt werden, wo es steht – bei seinem Wissen und seinen Wertmaßstäben. „Man muss herausfinden, was das Kind für ein Wertesystem hat und ihm erklären, worin aus unserer Sicht der Denkfehler besteht.“

Nach Anzeige: Jugendamt

Bei Unmündigen schaltet sich nach erfolgter Anzeige das Jugendamt ein. Es kommt zu Gesprächen mit Sozialarbeitern, den Eltern werden Beratungsangebote unterbreitet. Jugendamtspsychologin Belinda Mikosz rät: „Die Eltern müssen in der Erziehung noch deutlicher vermitteln: Was ist mein und was ist dein.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.08.2009)

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