Lockerbie-Anschlag: Jubel in Libyen, Ärger in London

(c) EPA
  • Drucken

Der mutmaßliche Lockerbie-Bomber wurde in Tripolis mit Jubel empfangen.

London.Obwohl London daran festhält, mit der Freilassung von Abdel Basset al-Megrahi nichts zu tun gehabt zu haben, kommt die britische Regierung durch den Jubelempfang für den mutmaßlichen Lockerbie-Attentäter in Tripolis immer mehr unter Druck. Außenminister David Miliband bezeichnete die Szenen nach der Rückkehr Megrahis als „zutiefst beunruhigend“ und warnte Libyen: „Es wird viel davon abhängen, wie sich das Land in den nächsten Tagen benimmt.“

Ein ähnlicher Appell zur Mäßigung wurde schon von der Freilassung des mutmaßlichen Verantwortlichen für den Tod von 270 Menschen von Premierminister Gordon Brown an Revolutionsführer Muammar al-Gadhafi gerichtet. Das steht freilich in Widerspruch zu der Behauptung Londons, mit der Entscheidung der schottischen Justiz nichts zu tun gehabt zu haben.

Wenn der schottische Justizminister Kenny MacAskill tatsächlich, wie er betont, die Freilassung völlig frei beschlossen hat („Das ist allein meine Entscheidung“), wie kommt es dann, dass das Amt des britischen Premiers schon Stunden vorher Briefe nach Tripolis schreibt, der Jet des libyschen Staatschefs bereits auf dem Flughafen Glasgow wartet und eine Polizeieskorte die Fahrt aufnimmt, bevor MacAskill seinen Beschluss fertig erklärt hat?

Obama: Freilassung ist Fehler

Miliband wies jedoch Fragen nach einer Druckausübung als „Beleidigung“ zurück. Premier Brown blieb auf Tauchstation, aber dass man Miliband aus dem Urlaub zu einer Stellungnahme holte, zeigt die Krisenstimmung in Westminster. Dazu trug ohne Zweifel auch die harsche US-Reaktion bei: Präsident Barack Obama bezeichnete die Freilassung Megrahis als „Fehler“, Außenministerin Hillary Clinton zeigte sich „tief enttäuscht“, und Justizminister Eric Holder meinte gar: „Diese Entscheidung dient nicht der Gerechtigkeit.“

In Großbritannien sprach Oppositionsführer David Cameron von einem „unsinnigen Beschluss“. Aus Missfallen über die Reaktion Libyens soll nun ein für Anfang September geplanter Besuch von Prinz Andrew ausfallen. Tripolis wird es verkraften können.

Der für die Sache Libyens im Ausland stets umtriebige Gaddafi-Sohn Saif, der maßgeblich in die Megrahi-Freilassung involviert war, tönte Donnerstagabend: „Das libysche Volk wird den Regierungen von Großbritannien und Schottland ihren Mut nicht vergessen. Unsere Freundschaft wird damit für immer gestärkt, ein neues Kapitel hat begonnen.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.08.2009)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.