Irland erteilt schnellem Einheits-Referendum Absage

Der irische Außenminister will keine schnelle Wiedervereinigung mit dem zu Großbritannien gehörenden Norden.

Der irische Außenminister Charlie Flanagan hat einem Referendum für ein vereinigtes Irland während der Austrittsverhandlungen der Briten aus der EU eine Absage erteilt. Die Wiedervereinigung mit dem zu Großbritannien gehörenden Norden der Insel sei zwar zu einem späteren Zeitpunkt im besten Interesse der Bürger, betonte Flanagan am Samstag im Sender RTE.

Dies setze aber die Zustimmung der Mehrheit in Nordirland voraus. Jedes weitere Referendum in nächster Zeit würde aber die Teilung eher weiter vorantreiben und wäre daher nicht hilfreich, so Flanagan.

Der stellvertretende Erste Minister Nordirlands, Martin McGuinness, hatte nach dem Votum der Briten für einen EU-Austritt eine Abstimmung über eine Wiedervereinigung mit dem EU-Mitgliedsland Irland gefordert. Der Politiker gehört der Partei Sinn Fein an, die hauptsächlich von katholischen Nationalisten unterstützt wird und Nordirland wieder mit Irland vereinen möchte. Die Mehrheit der Bevölkerung in Nordirland stellen dagegen Protestanten, die sich Großbritannien zugehörig fühlen. Wie in Schottland hatten auch die Wähler in Nordirland aber mehrheitlich für einen Verbleib in der EU gestimmt.

Ein Referendum für ein vereinigtes Irland wäre niemals erfolgreich, hatte Nordirlands Regierungschefin Arlene Foster am Tag nach dem Brexit-Votum betont. Auch der irische Ministerpräsident Enda Kenny lehnte bereits entsprechende Forderungen ab.

Konflikt und Friede

Ein 1998 geschlossener Friedensvertrag sieht vor, dass der britische Minister für Nordirland ein Referendum abhalten kann, wenn sich eine Mehrheit für ein vereinigtes Irland abzeichnet.

Pro-irische Katholiken und pro-britische Protestanten hatten sich zuvor 30 Jahre lang einen Bürgerkrieg geliefert, in dem Hunderte Menschen ums Leben kamen.

Labour-Abgeordneter will Austritt stoppen

Ein Abgeordneter der Labour-Partei will den Brexit mit einer Abstimmung im britischen Unterhaus verhindern. "Wacht auf. Wir müssen das nicht machen", schrieb David Lemmy aus dem Wahlkreis Tottenham am Samstag auf Twitter. "Wir können diesen Wahnsinn stoppen und diesen Alptraum mit einem Votum im Parlament beenden." Schließlich sei das Referendum rechtlich nicht bindend.

Der Politiker forderte eine Abstimmung schon in der kommenden Woche. Nachdem die Briten mit 52 Prozent für den Ausstieg aus der EU gestimmt hatten, zeigten sich viele Brexit-Wähler erschrocken.

Petition für ein zweites Referendum

Fast zwei Millionen Briten forderten bis Samstagabend per Petition ein zweites Referendum, da die Wahlbeteiligung mit rund 72 Prozent zu niedrig und das Ergebnis zu knapp gewesen seien.

Bei einer Anwendung der von den Unterzeichnern beantragten Regel müsste ein zweites Votum abgehalten werden. Das britische Gesetz sieht bei Referenden kein Mindestmaß für die Wahlbeteiligung oder den Stimmenanteil vor wie in einigen anderen Ländern.

"Wir, die Unterzeichner, rufen die Regierung ihrer Majestät an, eine Regel anzuwenden, wonach es ein weiteres Referendum geben sollte, wenn das Remain- oder Leave-Votum unter 60 Prozent bei einer Beteiligung von unter 75 Prozent liegt", heißt es in der Petition.

Keine Stellungnahme von Cameron

Der Petitionsausschuss, der darüber entscheidet, ob Petitionen im Parlament diskutiert werden, tagt das nächste Mal am kommenden Dienstag. Bereits wenn eine Petition mehr als 100.000 Unterschriften erreicht, muss sich die Regierung dazu äußern. Bisher gab es dazu noch keine Stellungnahme von Premierminister David Cameron.

Eine Debatte über die Petition im Parlament zieht aber keine Entscheidung oder Abstimmung nach sich; sie stellt auch nicht den Brexit-Beschluss der Briten vom Donnerstag in Frage.

Nachfolge könnte zwei Jahre dauern

John Curtice, Politikprofessor an der University of Strathclyde im schottischen Glasgow, sagte, es könne zwei Jahre lang dauern, bis der konservative Ex-Bürgermeister von London und Anführer des Brexit-Lagers, Boris Johnson, seinen Parteifreund David Cameron im Amt des Premierministers beerbe. Dann könne eine Situation entstehen, in der die Opposition nach einer Parlamentswahl das Mandat für ein zweites Referendum mit einer Möglichkeit für den Verbleib erhalten könnte.

(APA/dpa/AFP)

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