Nur der Staat konsumierte

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Die Wirtschaftsleistung stagniert, das Wachstum liegt unter dem EU-Schnitt. Die Steuerreform soll nun den privaten Konsum wieder beleben.

Wien. Im Jahr 2015 ist die Wirtschaft in Österreich nur noch halb so schnell gewachsen wie im EU-Schnitt. Das reale BIP-Wachstum im vergangenen Jahr lag bei lediglich 1,0 Prozent. Das ist die endgültige Zahl, die auf Fakten und nicht auf Prognosen beruht. Die Statistik Austria stellte die Daten für 2015 am Freitag in Wien vor.

Im EU-Vergleich lagen hinter Österreich nur noch Italien (0,8 Prozent), Finnland (0,5 Prozent) und Griechenland (–0,2 Prozent). Beim BIP pro Kopf liegt Österreich zwar noch auf Platz vier in Europa – hinter Luxemburg, Irland und den Niederlanden. Dieser Wert ist aber trügerisch, denn ein Wirtschaftswachstum von einem Prozent bei einem Bevölkerungswachstum von ebenfalls einem Prozent bedeutet nicht mehr als eine Stagnation des BIP pro Kopf.

Privater Konsum stagnierte

Der Trend ist nicht positiv. Denn Österreich habe ein Problem mit der Wachstumsdynamik. „Was das Niveau betrifft, sind wir noch Teil des Spitzenfelds in der EU. Was das Wachstum betrifft, aber nicht“, sagte Statistik-Austria-Chef Konrad Pesendorfer. Im vergangenen Jahr blieb die Nachfrage im Inland schwach, ebenso der private Konsum. Nur der staatliche Konsum, also zusätzliche Ausgaben etwa für Sicherheit, Bildung oder Flüchtlinge, legte zu – und sorgte für den Großteil des Wachstums.

In diesem Jahr sei aber von einem Anziehen des privaten Konsums auszugehen, schon allein wegen der positiven Effekte der Steuerreform auf die Kaufkraft der Haushalte. Sind die Reallöhne in den vergangenen Jahren stetig gesunken, so sollte die Entlastung der Steuerzahler um rund fünf Mrd. Euro heuer für mehr Geld in der Geldtasche sorgen, so Pesendorfer.

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Das sollte auch direkt positive Effekte auf die Konjunkturdaten haben, denn auch, wenn das geringe Wachstum im vergangenen Jahr vor allem von den Staatsausgaben getragen wurde, bleibt der private Konsum der mit Abstand wichtigste Faktor für Wachstum. „Der große Brocken des Konsums der privaten Haushalte hat stagniert.“ Weiter negativ war 2015 die Konjunktur auf dem Bau, hier ist die Wertschöpfung nochmals gesunken. Nur geringe Wachstumsimpulse gab es von den zentralen Bereichen Dienstleistung und Verkehr. Real am stärksten zugelegt hat die produzierende Wirtschaft, auch im Export lief es gut.

Inflation kehrt zurück

Allerdings wurde auch hier der langjährige Durchschnitt verfehlt. Anders als deutschen Exporteuren, die seit dem britischen EU-Votum um ihre Exportkonjunktur bangen, droht laut Pesendorfer aber der heimischen Exportwirtschaft von dieser Seite zumindest keine unmittelbare Gefahr. Der britische Anteil am österreichischen Export macht nur drei Prozent aus. Die Inflation werde weiterhin niedrig bleiben, im Vergleich zum Vorjahr aber doch deutlich anziehen. Grund sind die Ölpreise: Da sie bereits vor einem Jahr niedrig waren, beeinflussen sie die Inflationsrate nicht mehr negativ. (ag./jil)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.07.2016)

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