Die Strahlkraft der Majors, die Olympia fehlt

Golf - British Open
Golf - British Open(c) REUTERS (PAUL CHILDS)
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Reihenweise sagen die weltbesten Profis für das olympische Golfturnier in Rio ab, Grund oder womöglich nur Ausrede ist das Zika-Virus. Dem Ruf der 145. British Open folgen hingegen alle.

Troon/Wien. Francesco Molinari ist der bislang letzte Name auf der inzwischen prominent angewachsenen Liste. Der zweifache Ryder-Cup-Sieger aus Italien erklärte im Vorfeld der heute beginnenden British Open seinen Verzicht auf die Teilnahme am olympischen Golfturnier, dem beim Comeback nach 112 Jahren die Stars abhandenkommen. Zuvor haben mit Jason Day (AUS), Dustin Johnson, Jordan Spieth (beide USA) und Rory McIlroy (NIR) unter anderem bereits die Top vier der Welt Rio eine Absage erteilt. Österreichs Nummer eins, Bernd Wiesberger, wird am 11. August abschlagen.

Während Molinari familiäre Gründe anführte und auch Spieth auf persönliche Gesundheitsprobleme verwies, begründeten die anderen Profis ihre Entscheidung mit dem Risiko durch das in Brasilien grassierende Zika-Virus, das Fehlbildungen in der Schwangerschaft hervorrufen kann. „Es war keine einfache Entscheidung, aber ich kann die Sorgen nicht ignorieren“, sagte US-Open-Sieger Johnson, der in „naher Zukunft“ weiteren Nachwuchs plant.

Als Überreaktion kritisierte Peter Dawson, Präsident des Internationalen Golfverbandes, die Absagenflut, auch IOC-Chef Thomas Bach drückte sein Bedauern aus. „Das sind individuelle Gründe der Spieler, die im Widerspruch zu den Empfehlungen der WHO stehen. Wir haben das zu respektieren“, sagte der Deutsche. „Dass es nicht zur Attraktivität des Golfturniers beiträgt, liegt auf der Hand.“

Abseits der Mikrofone wird längst darüber diskutiert, dass das Zika-Virus angesichts des dichten Terminkalenders sowie des fehlenden Preisgelds und Prestiges des Olympia-Turniers eine willkommene Ausrede ist. „Ich sage den Leuten, ich habe vier Olympische Spiele im Jahr. Das ist es, wofür ich spiele“, erklärte McIlroy, und auch Johnson gestand: „Ich denke, Golffans schauen mehr auf die Majors und den Ryder-Cup. Diese Turniere sind meine Hauptmotivation.“

Weltklasse auf der Briefmarke

Die Frage nach der sportlichen Sinnhaftigkeit wird sich wohl erst in Rio beantworten lassen. Mit dem Niveau, das ab heute (10 Uhr, live Sky) das Teilnehmerfeld der 145. British Open im schottischen Royal Troon Golf Club verspricht, wird sich Olympia aber kaum vergleichen lassen. 48 der besten 50 Spieler jagen beim ältesten Golfturnier der Welt den berühmten Claret Jug. Auch Wiesberger möchte bei dem mit 6,5 Millionen Pfund (5,86 Mio. Euro) dotierten Event auf dem anspruchsvollen Linkskurs an der britischen Westküste seine beste Open-Platzierung (2013: 64.) verbessern. Besonders gefürchtet ist Par-3-Loch Nummer acht, die „Briefmarke“. Auf den 112 Metern über Dünen und Bunker sind auch schon die besten Spieler „picken geblieben“.

Die Buchmacher sehen die Big Four des Rankings als Favoriten, der englische Altmeister Nick Faldo, sechsfacher Major-Sieger, hat sich auf Day festgelegt. „Physisch, technisch und mental – in jedem Bereich ist er zurzeit eine Spur besser als die anderen“, sagte Faldo über den Weltranglistenersten. Der Old Course war in der Vergangenheit aber auch stets ein guter Boden für US-Außenseiter. Mit Todd Hamilton (2004), Justin Leonard (1997) und Mark Calcavecchia (1989) brachten die jüngsten drei Auflagen im Royal Troon Golf Club jeweils Überraschungssieger. (swi)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.07.2016)

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