Wenn Lkw-Produzenten den Markt aushebeln

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Daimler, Iveco, DAF und Volvo/Renault müssen die Rekordbuße von 2,93 Mrd. Euro zahlen. Sie haben laut EU-Behörden 14 Jahre lang Preise und Lieferzeiten abgestimmt und so den Wettbewerb mit Füßen getreten.

Brüssel. Jahrelang haben die großen europäischen Lkw-Hersteller Preise und Lieferzeiten abgesprochen – und so systematisch den Wettbewerb aushebelt. Die Transportindustrie und letztlich die Konsumenten waren die Gelackmeierten – Erstere mussten ihre Lkw teuer einkaufen, und die Händler gaben die höheren Preise an die Kunden weiter. Dieser Vorwurf stand hinter den jahrelangen Ermittlungen der EU-Kartellbehörden, die nun in eine Rekordstrafe mündeten: Daimler, Iveco, DAF und Volvo/Renault müssen insgesamt knapp 2,93 Mrd. Euro zahlen.

Die Münchner VW-Tochter MAN kommt als Kronzeuge straffrei davon. MAN hatte die Ermittlungen mit einer Selbstanzeige im Jahr 2011 ausgelöst. Hausinterne Compliance-Experten waren im Zuge der Aufarbeitung von Korruptionsvorwürfen auf das Kartell gestoßen.
Die Hoffnung von Daimler, mit einem geringen Pönale davonzukommen, hat sich indes nicht ganz erfüllt. Obwohl die Buße etwas herabgesetzt worden ist, entfällt auf das Unternehmen die höchste Einzelstrafe mit rund einer Mrd. Euro.

Der US-Produzent Paccar, dessen Lastwagen in Europa unter der Marke DAF fahren, erhielt eine Strafe von rund 753 Mio. Euro. Der schwedische Hersteller Volvo und der französische Konzern Renault, die beim Lkw-Bau zusammenarbeiten, müssen zusammen 670 Mio. Euro bezahlen. Der italienische Lkw-Bauer CNH mit seiner Marke Iveco muss mit rund 495 Mio. Euro geradestehen.

Das 1997 gegründete Kartell war laut EU-Kommission 14 Jahre lang aktiv, es gab Absprachen bis auf die höchsten Führungsebenen. Auch beim Zeitplan für die Einführung von Technologien zur Minderung schädlicher Emissionen haben sich die Firmen verständigt. Sie räumten letztlich ihre Schuld ein und stimmten einem Vergleich zu. Die EU-Kommission minderte die Geldbußen für Volvo/Renault, Daimler und Iveco, weil diese mit der Behörde bei ihren Ermittlungen zusammengearbeitet hatten.

Zehn Prozent des Umsatzes

Theoretisch kann die EU bei Verstößen gegen das Kartellrecht mit maximal bis zu zehn Prozent des Jahresumsatzes belangen. Das wären im Fall der Lkw-Produzenten sogar 10,7 Mrd. Euro gewesen.
Ein Bußgeld in Höhe von über 700 Mio. Euro verhängte die Behörde 2003 gegen die Mitglieder eines Zementkartells. Gerichte reduzierten die Strafsumme später auf rund 400 Mio. Euro. Die bisherige Rekordstrafe lag bei 1,4 Mrd. Euro, diese mussten 2012 Hersteller von Röhren für Fernseher und Monitore zahlen.

EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager betonte die wirtschaftliche Bedeutung von Lastwagen für den Warentransport in Europa. „Daher kann nicht hingenommen werden, dass MAN, Volvo/Renault, Daimler, Iveco und DAF, die zusammen etwa neun von zehn der in Europa produzierten mittelschweren und schweren Lkw stellen, untereinander ein Kartell bilden, anstatt miteinander zu konkurrieren,“ sagte sie. (eid/ag.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.07.2016)

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