Weltjugendtag. In seiner Abschlussrede in Krakau wettert Papst Franziskus gegen den Kult des Erfolgs um jeden Preis und die Bequemlichkeit.
Krakau. Sengende Hitze, heftige Gewitterschauer und ein fröhliches Gedränge auf den Pilgerwegen zum Feld der Barmherzigkeit im Krakauer Vorort Brzegi prägten den letzten Besuchstag von Papst Franziskus in Polen. Nach manchen Quellen drängten sich bis zu drei Millionen vor den Toren der altehrwürdigen Stadt, um mit Franziskus den Abschluss des sechstägigen Weltjugendtags zu feiern.
Aus Sicherheitsgründen war das Gelände großflächig für den öffentlichen Verkehr abgesperrt, Scharfschützen sicherten den Papst. Dass sich niemand in Polen von der Angst vor Terroranschlägen einschüchtern ließ, sollten die Massen von Teilnehmern beweisen, die sich zur Abschiedsmesse des Papstes versammelt hatten. Das Regierungsfernsehen TVP zeigte neben dem Papst immer wieder das fast vollständig anwesende Ministerkabinett, den aufgeräumt wirkenden Staatspräsidenten, Andrzej Duda, sowie den nationalkonservativen Parteichef, Jarosław Kaczyński, den starken Mann Polens.
Gegenüber der Kritik des Papstes an der restriktiven Flüchtlingspolitik stellt sich das nationalkonservative Regierungsteam konsequent taub. Man sehe sich nicht zu Änderungen veranlasst, machte Premierministerin Beata Szydło klar. Auch sei ihrem Land der polnische Papst, Johannes Paul II., ohnehin näher als Franziskus, sagte Kaczyńskis enge Vertraute.
„Meine jungen Freunde“
Papst Franziskus ließ sich am Wochenende von Polens Mächtigen indes nicht von seinem Weg abbringen. Konsequent richtete er sich nur noch an seine „jungen Freunde“ und forderte diese immer wieder auf, rebellisch zu sein und den Mut nicht zu verlieren. Der Papst verurteilte das „Doping des Erfolgs um jeden Preis“ und ein egoistisches Denken, das nur auf Annehmlichkeiten ausgerichtet sei. „Sie mögen euch als Träumer beurteilen, weil ihr an eine neue Menschheit glaubt, die den Hass zwischen den Völkern nicht annimmt, die die Grenzen der Länder nicht als Barrieren ansieht und die eigene Traditionen ohne Egoismen und Ressentiments hütet“, verurteilte Franziskus erneut das nicht nur in Polen in die Mode gekommene engstirnige, nationalistische Denken.
Bereits bei der Gebetswache am Samstagabend hatte der argentinische Papst die Jugend aufgefordert, ihre Zeit nicht auf dem Sofa vor Computern und Fernsehern zu verbringen. „Liebe junge Menschen, wir sind nicht auf die Welt gekommen, um vor uns hinzuvegetieren“, sagte er, „sondern um unsere Spuren zu hinterlassen.“ Für Gott sei es unwichtig, „welches Kleid du trägst oder welches Handy du benutzt“, fügte der Papst am Sonntag noch hinzu.
Über dem Altar der päpstlichen Abschlussmesse prangte die in Polen besonders verehrte Ikone des barmherzigen Jesu. Die Barmherzigkeitsstrahlen in den polnischen Nationalfarben Rot und Weiss waren allerdings abgeschnitten.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.08.2016)