Aus dem Liegestuhl in die Sterne schauen

Perseiden
Perseiden(c) APA/ERWIN FILIMON
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Ein Comic lieferte den Anstoß für seine Karriere. Heute führt Astronom Arnold Hanslmeier gern Laien in die Welt der Sterne und Planeten ein. Den Sternschnuppenschauer der Perseiden beobachtet man am besten mit freiem Auge.

Im Vorwort zu Ihrem letzten Buch „Den Nachthimmel erleben“ warnen Sie, dass Astronomie auch süchtig machen kann. Wie wurden Sie selbst von diesem Virus befallen?

Das war im Alter von circa sieben Jahren beim Lesen eines „Fix und Foxi“-Hefts. Da gab es zufällig eine Geschichte über Sterne, oder eigentlich über Planeten. Das hat mich fasziniert. Und dann habe ich mir zu Weihnachten einen Feldstecher gewünscht und damit am Sternenhimmel mehr gesehen. Ich habe aber auch viele Bücher durchgeblättert. Mit acht oder neun Jahren habe ich in der Schule einen Aufsatz verfasst. Das Thema war frei wählbar, ich habe über Planeten geschrieben. Mein Lehrer hat mir viele Jahre später erzählt, dass er all seine Lexika zurate ziehen musste, ob das alles stimmt.

Hat er Fehler gefunden?

Es hat alles gestimmt.

Und Sie sind dann bei der Astronomie geblieben.

Ja, das war eigentlich immer mein Wunsch. Das war freilich ein bisschen ungewöhnlich, und außerdem war da die Frage, was man damit werden kann. Aber ich habe mir gedacht: „Wenn man etwas mit Begeisterung macht, wird sich hoffentlich schon etwas ergeben.“ Das ist auch genau der Rat, den ich meinen Kindern und jungen Studierenden gebe: Man soll das machen, was man gern macht. Und nicht von vornherein gleich denken: „Was kann ich damit anfangen?“

Sie betreiben seit 15 Jahren eine Privatsternwarte im südoststeirischen Bairisch-Kölldorf. Ist das nicht ein sehr teures Hobby?

Das ist relativ. Wenn ich mir heute ein teures Motorrad kaufe, kostet das auch einiges. Die Teleskope, mit denen man privat schaut, wurden immer größer. Und dann wäre die Ausrüstung irgendwann nicht mehr transportabel gewesen. Es gibt mehrere Privatsternwarten in Österreich, so weit ich weiß, bin ich der einzige Berufsastronom, der das auch privat betreibt.

Wie geht es nun ein Laie am besten an, wenn er Sonne, Mond und Sterne beobachten möchte?

Ein guter Einstieg in die Astronomie ist ein gutes Fernglas zu kaufen. Das kann man auch für andere Zwecke verwenden, es ist also jedenfalls eine lohnende Investition. Und damit einfach einmal genießen, den Sternenhimmel anschauen, die Milchstraße betrachten, sie sieht man ganz wunderschön.

Und dazu hinaus aus der Stadt fahren, wo das Licht vom Boden weniger stört?

Das wäre natürlich das Beste.

Wie viel Wissen aus Physik und Naturwissenschaften muss man dazu mitbringen?

Das kommt ganz darauf an, wie man es betreiben will. Es gibt Leute, die damit zufrieden sind, dass sie fotografieren, schöne Bilder machen. Wenn sie in die Tiefe gehen wollen, dann ist es beinharte Physik und Mathematik. Das muss man auch sagen, denn es kommen immer wieder Studierende oder Leute, die Astronomie machen möchten, mit einer sehr romantischen Vorstellung zu uns: Sie meinen mitunter, da sitzt man irgendwo hinter dem Teleskop und schaut sich halt die Sterne an. So ist es nicht. Es ist eine harte Wissenschaft.

Welche Himmelsereignisse eignen sich überhaupt für das private Sternderlschaun?

Eigentlich alle. Ein Beispiel: Ich habe einen Quasar, das ist ein ganz, ganz weit entfernter Galaxienkern, beobachtet – 8,5 Milliarden Lichtjahre von uns entfernt. Man muss nicht auf die nächste Mondfinsternis warten, es gibt laufend Objekte, die man beobachten kann.

Auch mit relativ einfachem Werkzeug oder brauche ich dann schon eine bessere Ausrüstung?

Je lichtschwächer die Objekte werden, desto besser muss die Ausrüstung sein. Meistens braucht man eine CCD-Kamera (besonders lichtempfindliche Kamera, Anm.). Nur so erkennt man auch die Farben. Das menschliche Auge sieht schwache Objekte ja nur schwarz-weiß. Laien sind oft enttäuscht, weil sie die wunderschönen Internetbilder kennen und dann nur ein kleines, unscheinbares, weißes Wölkchen wahrnehmen. Bunt wird das Bild erst durch die Fotografie und die lange Belichtungsdauer.

Wie nimmt man nun ferne Nebel und Galaxien auf? Kann das auch ein Laie?

Im Prinzip ja, er braucht aber einiges an Equipment: vor allem ein Teleskop, das sehr genau nachführt, also die Bewegung der Sterne durch die Erdrotation verfolgt. Das muss kompensiert werden, sonst „eiern“ die Sterne, dann haben Sie nur Striche auf der Aufnahme. Und dann braucht man natürlich eine Kamera. Das geht aber heute auch mit einer guten Spiegelreflexkamera. Interessant wird es ab 30, 40 Sekunden Belichtungszeit.

Welchen Unterschied machen die Jahreszeiten?

Im Sommer und Herbst sieht man eher die Milchstraße. Im Winter sieht man eher helle Sterne, aber auch Objekte wie den Orion- oder den Krebsnebel, also Überreste einer explodierten Supernova. Momentan befinden sich die Planeten am Sommerhimmel: Jupiter ist noch zu sehen, auch Mars und Saturn. Aber das ändert sich, weil sich die Position der Planeten ändert.

Derzeit sind die Perseiden zu beobachten. Wann, wie und wo beobachte ich diese am besten?

Am besten sind die Sternschnuppenschauer der Perseiden tatsächlich mit dem freien Auge zu beobachten. Ein Tipp ist, sich im Schlafsack oder Liegestuhl den Himmel anzuschauen, in Richtung Norden. Es soll dunkel sein, kein Mond scheinen. Zu sehen sind sie von Mitte Juli bis Ende August, das Maximum wird um den 12. August herum erreicht. Das ist aber nicht so genau, es kann auch um den 10. August herum sein.

Gibt es noch andere Himmelsereignisse, die der Laie mit freiem Auge besonders gut beobachten kann?

Gegen Jahresende, etwa ab Oktober wird man am Abendhimmel die Venus wieder sehen, sie ist dann Abendstern. Die anderen Planeten verabschieden sich dann vom Abendhimmel, sind nicht sichtbar. Im nächsten Jahr, am 22. August, ist eine totale Sonnenfinsternis ein Highlight, das allerdings nicht bei uns zu sehen ist, sondern in den Vereinigten Staaten.

Sie haben ja gleich mehrere populärwissenschaftliche Bücher zu astronomischen Themen verfasst. Warum ist Ihnen die Vermittlung so ein Anliegen?

Einerseits, weil es Spaß macht und sich die Leute auch für Wissenschaft, die man gut rüberbringt, interessieren. Andererseits ist es aber auch wichtig, weil die Menschen wissen sollen, was wir tun: Forschung kostet viel Geld, wir sind es der Gesellschaft auch schuldig zu zeigen, was wir tun.

Sie haben einmal gesagt, man bekommt durch Bekanntheit auch leichter Subventionen . . .

Natürlich, das kann schon helfen.

ZUR PERSON

Arnold Hanslmeier (57) studierte Astronomie und Physik, 1983 promovierte er sub auspiciis. Heute lehrt und forscht er an der Uni Graz und ist außerdem Autor mehrerer populärwissenschaftlicher Bücher. Zuletzt erschienen: „Den Nachthimmel erleben“ (Springer, 270 Seiten, 25,69€). Im Herbst veröffentlicht er sein zweites Kinderbuch. [ Schiffer]

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.08.2016)

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