INTERVIEW: Lager der Vertragsgegner hofft weiter

Nein-Kampagnisierer zählen auf kurzfristigen Schwenk der Iren.

WIEN.Es sind besonders streitbare Geister, die sich noch gegen den EU-Vertrag von Lissabon in Irland in die Wahlschlacht werfen. Am 2. Oktober wird auf der Grünen Insel zum zweiten Mal über den Text abgestimmt, der die EU-Institutionen stärken soll. Und die jüngsten Umfragen lassen die Befürworter – noch – hoffen: Immer noch 46 Prozent der Iren gaben laut „Irish Times“ an, für den Vertrag zu sein, im Mai waren es aber 54 Prozent. Ihnen stehen 29 Prozent Gegner und 25 Prozent Unentschlossene gegenüber – Tendenz steigend. Und genau das lässt die Vertragsgegner im Land hoffen.

„Umfragen deuten zwar jetzt auf ein Ja, aber ich sehe das eher als eine offene Frage“, sagt im Gespräch mit der „Presse“ Des Dalton, Kampagnenchef und Vizepräsident der Republican Sinn Féin – also jener politischen Kraft, die sich weiterhin für ein geeintes Irland mit Nordirland einsetzt. Im Zweifel würde sie auch dulden, dass Militärgewalt für dieses Ziel eingesetzt wird.

In Irland setzen sich Dalton und seine Unterstützer nun „für Demokratie und Souveränität ein, die der Lissabon-Vertrag gefährden würde“. Dass die EU-Partner zuletzt Garantien formuliert haben, dass Irland durch den Vertrag weiter neutral bleiben und Abtreibungen verbieten darf, überzeugt Dalton nicht: „Das sind nur politische Versprechen, keine materiellen Änderungen am Vertrag.“ Diesen hätte man nach dem ersten irischen Referendum im Juni 2008 überarbeiten und neu vorlegen sollen: „Aber das traut sich keiner, denn dafür bräuchte es neue Ratifizierungen in allen EU-Ländern.“

Statt in der EU zusammenzurücken, sollten Kompetenzen von der EU in die Staaten rückverlagert werden, findet Dalton – während gerade in der Wirtschaftskrise immer mehr Iren Umfragen zufolge die Integration schätzen.

Außer der strittigen Republican Sinn Féin machen noch größere und kleinere Gewerkschaften gegen den EU-Vertrag mobil. Sie fordern ein sozialeres Europa, was der EU-Vertrag vernachlässige. Den Vertragsgegnern steht vor allem die Regierung des konservativ-liberalen Premiers Brian Cowen gegenüber: Sie hofft, dass es im zweiten Anlauf „klappt“. Beruhigend für die Regierung ist, dass ihr schärfster Opponent von 2008 aufgegeben hat: Der Nein-Kampagnisierer und Geschäftsmann Declan Ganley hat sich nach der Niederlage seiner „Libertas“-Bewegung bei der EU-Wahl im Juni zurückgezogen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.09.2009)

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