Drama auf der A4: Anklage im Herbst erwartet

Gegen fünf Schlepper wird wegen des Dramas in diesem Lkw, der auf der A4 gestoppt wurde, ermittelt.
Gegen fünf Schlepper wird wegen des Dramas in diesem Lkw, der auf der A4 gestoppt wurde, ermittelt.APA/LPD BURGENLAND
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Jene fünf Männer, die für das Ersticken von 71 Flüchtlingen verantwortlich sein sollen, sitzen weiter in Ungarn in U-Haft. Ein Komplize belastete die Bande nun schwer: Sie soll bis zu 30 solcher Fahrten organisiert haben.

Auch ein Jahr nach der Tragödie auf der A4 sind die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen: Jene fünf Schlepper, die für 71 Tote verantwortlich sein sollen, sitzen noch immer in Ungarn in U-Haft. Diese wurde laut Sprecherin der Staatsanwaltschaft Kecskemét, Marianna Bodo, gerade wieder bis 29. August verlängert. Sie seien bereits einvernommen worden, die Ermittlungen liefen aber noch.

Mit einer Anklage wegen Mordes wird im Herbst gerechnet - mit einem Prozess Anfang 2017. Nach wie vor gibt es viele offene Fragen, die dann wohl geklärt werden können: Wussten die Schlepper, dass Kühl-Lkw luftdicht sind? Warum wurde der Lkw mit einem zusätzlichen Draht von außen verschlossen, obwohl er von innen nicht zu öffnen war? Warum haben die Männer den Lastwagen einfach abgestellt und die Türe nicht geöffnet? Wussten die Schlepper, dass die Menschen im Transporter tot waren? Hatten die Flüchtlinge versucht, durch Klopfzeichen auf ihre Lage aufmerksam zu machen?

Belastende Aussage

Erst vor wenigen Tagen belastete ein weiterer Komplize die Männer schwer: Er sagte aus, dass die Bande anfangs Menschen mit Planen-Lkw transportiert hätte. Da die Flüchtlinge aber immer wieder Luftlöcher in diese geschnitten hätten - und dadurch auf der Ladefläche sichtbar geworden seien -, habe man auf Lkw mit Kastenbauten umgestellt. Die Schlepperbande soll pro Fahrt rund 100.000 Euro verdient und etwa 30 Fahrten nach Österreich organisiert haben. Auch er sei als Fahrer tätig gewesen und hätte die Anweisung gehabt, erstens nicht stehen zu bleiben und zweitens die Türen zum Laderaum nicht zu öffnen, auch wenn er Klopfzeichen höre.

Obwohl der Lastwagen in Österreich gefunden wurde, soll der Prozess gegen die vier Bulgaren und einen Afghanen in Ungarn stattfinden. Grund: Eine Obduktion ergab, dass die Flüchtlinge schon in Ungarn, kurz nach Beginn der Fahrt, gestorben sind.

Österreich und Ungarn gehen nach wie vor rigoros gegen Schlepper vor. Erst am Freitag wurde in Ungarn Anklage gegen einen österreichischen Staatsbürger deswegen erhoben. Der 49-Jährige soll am 1. Juni versucht haben, sechs Syrer nach Deutschland zu schmuggeln. Der Mann habe die Migranten, die aus einem Flüchtlingslager kamen, auf dem Parkplatz eines Einkaufszentrums in Bicske aufgenommen. Das Fahrzeug wurde während eines Einsatzes der ungarischen Bereitschaftspolizei auf der Autobahn gestoppt. Die Anklagebehörde fordert eine Haftstrafe für den Österreicher, der sich jetzt in U-Haft befindet. Ihm drohen bis zu 20 Jahre Haft. (ath)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.08.2016)

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