Der Tod des Schubhäftlings sei bedauerlich, sagte Innenministerin Fekter (ÖVP) am Rande der Regierungsklausur in Salzburg. Eine Verzögerung des neuen Fremdenrechts steht für sie außer Frage.
Nach dem Tod eines Schubhäftlings in Wien hagelt es scharfe Kritik an Innenministerin Maria Fekter (ÖVP) und den Schubhaftbedingungen in Österreich. Fekter selbst bedauert den Zwischenfall, sagte sie am Montag am Rande der Regierungsklausur in Salzburg bedauert. An eine Verschiebung des Fremdenrechtspakets bei der Regierungsklausur ist offenbar nicht gedacht. Die angedachten Maßnahmen beträfen in keiner Weise den Punkt Nahrungsverweigerung in der Schubhaft, betonte Fekter.
Zum konkreten Fall meinte sie, dass nun eine Obduktion die genaue Todesursache klären müsse. Auch sei der Menschenrechtsbeirat bereits informiert. Zwangsernährung sei nicht angeordnet worden, da diese in Österreich nicht erlaubt sei, erläuterte die Ministerin. Es habe aber eine ständige ärztliche Überprüfung des Gesundheitszustandes des Mannes gegeben.
Korun: "Schlechte Versorgung in Schubhaft"
Kritik an Fekter kam unter anderen von der Grünen Menschenrechtssprecherin Alev Korun: "Der neuerliche Todesfall in Schubhaft straft die ständigen Behauptungen von 'tragischen Einzelfällen' der InnenministerInnen der letzten Jahre Lügen. Die Liste dieser Vorfälle wird immer länger", sagte die Abgeordnete in einer Aussendung.
"Seit Jahren kritisiert der Menschenrechtsbeirat unter anderem die schlechte medizinische Versorgung in der Schubhaft, während Fekters Ministerium untätig bleibt", so Korun. Sie forderte eine umfassende, unabhängige Untersuchung des Todes des 20-Jährigen. Das Innenministerium, "das seit Jahren die Hilferufe des Menschenrechtsbeirats in Sachen Verbesserung der Bedingungen in der Schubhaft ignoriert, steht hier voll in der Verantwortung."
SOS Mitmensch: "Tödliche Härte"
Die Menschenrechtsorganisation SOS Mitmensch kritisiert die "tödliche Härte des österreichischen Schubhaftwesens". "Innenministerium und die ÖVP/SPÖ-Koalition ignorieren seit Jahren die Warnungen von internationalen und nationalen Menschenrechtseinrichtungen", sagte Sprecher Philipp Sonderegger.
Stattdessen werde "halbjährlich das Fremdenrecht noch weiter verschärft", sagte Sonderegger. "ÖVP und SPÖ wollen heute auf der Regierungsklausur ein Gesetz verabschieden, dass noch mehr Menschen in Schubhaft bringt." Im aktuellen Bericht der Europaratskommission gegen Rassismus und Intoleranz werde das österreichische Schubhaftwesen als "gänzlich inakzeptabel" bezeichnet, so SOS Mitmensch. Aber auch der Menschenrechtsbeirat im Innenministerium kritisiere die Schubhaft regelmäßig.
Die Caritas zeigte sich in einer ersten Reaktion "betroffen und schockiert". Generell seien die Schubhaftbedingungen verbesserungswürdig: "Aus unserer täglichen Arbeit wissen wir, dass die Anhaltebedingungen in der Schubhaft nach wie vor vielfach wesentlich schlechter sind als in der Strafhaft", sagte Werner Binnenstein-Bachstein, Geschäftsführer der Caritas der Erzdiözese Wien.
Kundgebung vor Anhaltezentrum
Die Wiener Grünen haben für Dienstagnachmittag zu einer Gedenkkundgebung für Gaganpreet Singh K. aufgerufen, die ab 17 Uhr vor dem Polizeianhaltezentrum Hernalser Gürtel stattfinden soll. Der Aufruf wurde auch von "Asyl in Not" unterstützt. "Der Hungerstreik ist das letzte Mittel zutiefst verzweifelter Menschen. Der Schubhaft liegt kein Urteil, kein Delikt zugrunde. Das einzige, was diese Menschen getan haben, ist, sich illegal im Land aufzuhalten. Und das ist kein Verbrechen", sagte der Obmann der Organisation, Michael Genner.
(APA)