Andrea Bröderbauer: Sag niemals nie

Andrea Bröderbauer
Andrea Bröderbauer(c) Julia Stix
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Sie ist noch jung und hat schon viel zu erzählen: Dabei hatte Volkstheater-Schauspielerin Andrea Bröderbauer
sich das alles ganz anders vorgestellt.

TIPP

Wie lang haben wir Zeit?“, fragt Andrea Bröderbauer und setzt sich lässig im Schneidersitz auf die Couch. Und dann legt sie los mit ihrer Geschichte. Einer Geschichte, die nicht viele so kurz nach dem Ende des Schauspielstudiums erzählen können.

Bröderbauer, neu im Ensemble des Volkstheaters, stand nämlich erst im Frühling im Berliner Ensemble auf der Bühne. Dabei hatte sie sich eigentlich mit Händen und Füßen gewehrt, so unvermittelt in die Karriere geschubst zu werden. „Wir waren von der Schule aus auf einer Tournee durch den ganzen deutschsprachigen Raum, da waren wir zwei Monate ununterbrochen unterwegs. Es war gegen Ende und ich hab schon gelechzt nach meinem Bett. Und da kam der Anruf aus Berlin, ob ich so schnell wie möglich hinkommen kann, zum Vorsprechen. Ich hab gedacht, was soll ich in Berlin, ich hasse Berlin, ich hab da immer nur schlechte Erfahrungen gemacht. Und in einem so großen Theater geh ich sowieso unter, da brauch ich gar nicht hinfahren. Ich hab also abgesagt. Zwei Kollegen haben mich gefragt, ob ich spinne. Aber ich wollte einfach nur heim, Geld hab ich auch keines mehr gehabt, ich konnte einfach nicht mehr.“

Wer will schon nach Berlin? Die Mutter, telefonisch aus dem fernen Mühlviertel zurate gezogen, konnte Bröderbauer dann doch überreden. Mit einer jugendlichen Unbedarftheit und der Sicherheit derer, die nichts erwarten, entschied sie das Vorsprechen für sich. Und selbst dann ließ sie die Berliner noch zappeln. Nicht einmal die Einladung in das Büro von Claus Peymann schüchterte die 23-Jährige ein: „Die Dramaturgin hat mich gefragt, ob ich schon recht nervös bin, weil sie mich jetzt dem Herrn Peymann vorstellt. Und ich: ,Soll ich?‘ Ich hab mir gedacht, ich kenn ihn eh nicht, ist ja egal.“ Ein bisschen Understatement ist da wohl auch dabei, wenn sich Bröderbauer als Landei in der großen weiten Theaterwelt beschreibt. Aber wenn man ihr bei ihrer kabarettreifen Schilderung so zuhört, kommt man nicht umhin, mit ihr gemeinsam den Kopf zu schütteln über ihren surrealen Karrierestart.

Die Heimatverbundenheit, die Bröderbauer vor Deutschland zurückscheuen ließ, war ihr nicht immer zu eigen. „Ich bin in einem kleinen Ort mit fünf Häusern aufgewachsen. Mir war früh klar, dass ich weg muss aus Österreich. Aber schon bei meinem Au-Pair-Aufenthalt auf der Insel La Reunion hab ich schlechte Erfahrungen gemacht. Und das nicht zum letzten Mal.“ Erst ein spontaner Umzug nach Graz, um dort zu studieren, beendete das Fernweh.

Planziel: Friseurin. Das Leben spielt eben nach einer eigenen Dramaturgie: Als Kind war sie „felsenfest davon überzeugt“, einmal Friseurin und Maskenbildnerin zu werden. Nach Berlin wollte sie nicht. Und auch nackt auf der Bühne stehen wollte sie eigentlich nie. Aber die Rolle, die sie schlussendlich am Berliner Ensemble spielte („eine Freundin hat mich zum Flughafen begleitet, damit ich auch wirklich einsteige . . .“), war die des Gretchens in Taboris „Mein Kampf“. Und zwar nackt. So ziemlich ganz nackt. „Mir haben sie gesagt, nackt bin ich nur kurz.

Mir wird eh gleich ein Mantel umgehängt.“ Dann waren es zwanzig Minuten. „Wenn ich das gewusst hätte, hätte ich mir’s vielleicht überlegt . . .“ Der Berliner Boulevard wurde auf die Österreicherin dann natürlich aufmerksam: „Die ,B. Z.‘ hat mich gefragt, ob ich keine Angst hab, mich zu verkühlen. Also, das war wirklich das Letzte, über das ich mir Gedanken gemacht habe!“ Nachgedacht hatte sie über Training vor dem Auftritt: „Das war nach Weihnachten. Und mir haben die Kekse von der Mama gut geschmeckt. Ich hatte mir schon vorgenommen, laufen zu gehen. Aber es war einfach zu arschkalt in Berlin.“ Apropos, Fotos von ihr in der Inszenierung mag sie nicht: „Ich kann nichts Ästhetisches an meinem nackten Popsch finden.“

Glücklicherweise hat Andrea Bröderbauer zu Saisonbeginn im Volkstheater eine Rolle mit mehr Kostüm ausgefasst. Sie spielt die Nonne Rosa in der Bühnenversion von Almodóvars „Alles über meine Mutter“. Im Film wird der Part von Penelope Cruz verkörpert. Bröderbauer mag den kreativen Reichtum des spanischen Filmemachers: „Ich spiele eine Nonne, die schwanger ist von einer Transe und auch noch Aids hat. Das sagt schon alles, find ich.“

Unverhofft, oft. Einen solchen Film würde sich die Oberösterreicherin auch im Kino ansehen. Obwohl sie als Kinobegleitung eher verschrien ist: „Eine Freundin hat einmal gesagt, mit mir schaut sie sich keinen Horrorfilm mehr an. Ich muss nämlich ständig lachen, und schreien: ,Mei, wie kann man nur!‘“ Aber wie das Schicksal so spielt mit Andrea Bröderbauer – man soll niemals nie sagen. Auch nicht zu Horrorfilmen und „Science-Fiction-Action-Mist“. Denn wenn es mit der Schauspielerin so weitergeht, kann es leicht sein, dass sie auch in solchen Genres noch glänzt. Denn man weiß ja, wie unverhofft kommt. Oft.

Alles über meine Mutter
ab sofort im Volkstheater.
Umsonst
Premiere: 13. 11.
www.volkstheater.at

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