Österreicherquote bei Medizinstudium wackelt heftig

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Können weiterhin drei Viertel der Plätze an Österreicher gehen? Die Argumente wurden nach Brüssel geschickt. Doch die Chancen stünden bei nur 60 Prozent, sagt das Ministerium.

Wissenschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) schätzt die Chancen für eine Beibehaltung der Quotenregelung für das Medizinstudium auf 60 Prozent. Österreich habe am Montag den 181 Seiten Abschlussbericht mit umfangreichem Datenmaterial an die EU-Kommission geschickt , so Mitterlehner am Donnerstag vor Journalisten. Eine Entscheidung fällt bis Jahresende.

Drei Viertel der Plätze für Österreicher

Seit 2006 gilt für das Medizinstudium eine Quotenregelung: 75 Prozent der Plätze für Human-und Zahnmedizin sind für österreichische Maturanten reserviert, 20 Prozent gehen an EU-Bürger und fünf Prozent an Nicht-EU-Bürger. Diese Maßnahme war eingeführt worden, da nach der Aufhebung der bis dahin gültigen Zugangsregelung (in Österreich studieren durfte nur, wer auch in seinem Heimatstaat über eine Studienberechtigung für das jeweilige Fach verfügte, Anm.) durch den Europäischen Gerichtshof zahlreiche Numerus-Clausus-Flüchtlinge aus Deutschland nach Österreich strömten.

Die Quotenregelung war ursprünglich von der EU-Kommission wegen der Diskriminierung von EU-Bürgern bekämpft worden. Bis 2016 wurde allerdings ein Moratorium gewährt: Bis dahin muss Österreich nachweisen, dass ohne Quote die medizinische Versorgung des Landes nicht gesichert ist - etwa, weil Studenten aus Deutschland (sie stellen die große Mehrheit der Studenten aus EU-Ländern, Anm.) nach ihrem Studienabschluss Österreich wieder verlassen und dem heimischen Gesundheitssystem damit nicht zur Verfügung stehen.

Deutsche Absolventen bleiben selten

Österreich argumentiert dabei auf mehreren Schienen: So ist etwa die Zahl österreichischer Absolventen in der Humanmedizin seit 2009/10 um 38 Prozent zurückgegangen, während die Zahl der deutschen Abschlüsse von einem Anteil von fünf auf über 18 Prozent geklettert ist.

Deutsche Absolventen verbleiben nach Abschluss ihrer Ausbildung aber wesentlich seltener in Österreich als ihre österreichischen Kollegen: Lediglich 43 von 603 der deutschen Absolventen der Jahrgänge 2008/09 bis 2011/12 standen dem österreichischen Gesundheitssystem zur Verfügung. Das sind nur 7,5 Prozent - bei den Österreichern und Absolventen aus Drittstaaten ist das Verhältnis fast umgekehrt.

Gleichzeitig steigt aber auch der Andrang auf das Medizinstudium: Heuer haben sich mehr als 12.000 Personen dem Aufnahmetest gestellt, das sind um 1.000 mehr als im Vorjahr. Rund 35 Prozent davon sind Deutsche.

Starker Aufnahmedruck aus Deutschland

Mitterlehners Schlussfolgerungen: "Wir haben nach wie vor einen starken Aufnahmedruck aus Deutschland, der in den nächsten Jahren noch zunehmen wird." Das ergebe sich schon daraus, dass es bis 2030 in Deutschland einen Fehlbedarf von bis zu 165.000 Ärzten gebe - bei jährlich knapp 11.000 Anfänger-Studienplätzen im Nachbarland.

In Österreich wiederum würden ohne die Quotenregelung bis 2030 rund 3.500 Ärztestellen im Gesundheitssystem fehlen, zitierte Mitterlehner Berechnungen der Ärztekammer. "Allein mit nationalen Maßnahmen können wir weder beim Angebot von Studienplätzen noch mit einer Attraktivierung des Berufsstands die Problematik lösen." Mit der Einrichtung der Medizin-Fakultät in Linz habe man bereits zusätzliche Plätze geschaffen, darüber hinaus habe es mit der Schaffung des Klinisch-Praktischen Jahrs sowie dessen Bezahlung und dem neuen Ärztearbeitszeitgesetz Maßnahmen zur Attraktivierung gegeben.

Stipendien für Medizin-Studenten

Sollte die Quote trotzdem wegfallen, sind für Mitterlehner zwei Varianten denkbar. Einerseits könnten dann Stipendien für Medizin-Studenten eingeführt werden, deren Inanspruchnahme mit der Verpflichtung zur Aufnahme einer ärztlichen Tätigkeit im Land für einen bestimmten Zeitraum verknüpft ist. Dieses Modell sei EU-konform und etwa in Ungarn oder Südtirol umgesetzt. Dann müsste aber auch wieder die Studiengebühren-Diskussion zumindest für die Medizin geführt werden. Die zweite Möglichkeit bestünde in zusätzlichen Benefits für Ärzte, die sich in einer bestimmten Region niederlassen.

Keine Chance sah Mitterlehner für eine Refundierung der Ausbildungskosten für Studenten aus Deutschland - das Nachbarland sei dazu nicht verpflichtet. "Das würde das ganze System in Frage stellen." Dazu komme, dass dann umgekehrt dann auch Österreich für seine Studenten in anderen Staaten zur Rechnung gezogen würde.

(APA)

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