Leute, die Leute fotografieren, die Leute fotografieren

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Um Urlaubsfotos zu machen, die noch nicht jeder gemacht hat, ist die Metaebene schon zu wenig.

Eigentlich könnte man es sich ja sparen. Fotos von Sehenswürdigkeiten zu machen, nämlich, die aus genau derselben Ansicht fotografiert auch schon in so ziemlich allen Fotoalben oder Flickr-Ordnern im Netz herumstehen. Und erst recht jene Bilder, auf denen sich eine Person in eine besonders originelle Position in Kombination mit der Sehenswürdigkeit wirft. Sie wissen schon, Leute, die sich bei den Pyramiden von Gizeh so vor die Sphinx stellen, als würden sie sie küssen. Leute, die den Eiffelturm zwischen Zeigefinger und Daumen wirken lassen, als hätten sie ihn als Modell in der Hand. Und ganz besonders Leute, die sich vor dem schiefen Turm von Pisa zum Affen machen, damit es auf dem Foto so aussieht, als würden sie das Gebäude stützen. Immerhin, dort hat sich mittlerweile die Metaebene dazugesellt. Das sind dann Leute, die Leute fotografieren, die Leute fotografieren, die gerade einen auf Turmstütze machen. Hier beginnt das Dilemma. Denn mittlerweile gibt es schon fast so viele Fotos, die den toskanischen Fotowahnsinn zeigen, dass das auch nicht mehr so besonders originell ist. Und die Metaebene plus, nämlich Leute zu fotografieren, die Leute fotografieren, die Leute fotografieren, die Leute fotografieren, die vor dem schiefen Turm Turnübungen machen, ist für ein simples Urlaubsfoto schon ein bisschen sehr ums Eck gedacht. Es gab da sogar einmal eine Erfindung – die Camera Restricta, die über die Geodaten und einen Abgleich mit sozialen Netzwerken feststellt, ob ein Foto aus einer bestimmten Perspektive nicht schon Tausende Male gemacht wurde. Und wenn doch, das Auslösen verweigert. Hat sich nur offenbar noch nicht durchgesetzt.

Das Schlimmste an der ganzen Problematik sind übrigens Leute, die sich die Zeit nehmen, sich über die Urlaubsfotos anderer Leute aufzuregen. In diesem Sinn – können Sie bitte schnell ein Selfie von mir machen?

E-Mails an: erich.kocina@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.10.2016)

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