"Das waren noch Zeiten, als man Republikaner niederschlagen konnte"

"Das waren noch Zeiten, als man Republikaner niederschlagen konnte"
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Der Wahlkampf zwischen Clinton und Trump gilt als extrem schmutzig. Doch in der Geschichte der US-Präsidentschaftswahlen gab es schlimmere Schlammschlachten.

Während dem einen Kandidaten Sex-Vorwürfe zu schaffen machen, muss sich der andere als kriminell bezeichnen lassen. Kling vertraut? Richtig, im Wahlkampf Hillary Clinton gegen Donald Trump war das Teil der Schlammschlacht. Aber nicht nur dort: Derartiges spielte sich schon vor über 200 Jahren im US-Präsidentschaftswahlkampf ab. Beobachter zeigen sich schockiert über den schmutzigen Wahlkampf der vergangenen Wochen und Monate, doch der ist keine Ausnahme in der Geschichte. „Demokratie war noch nie etwas für schwache Nerven“, schreibt Joseph Cummins in seinem Buch „Anything for a vote“. Seine Antwort auf die Frage, ob die US-Wahlkämpfe im Laufe der Geschichte brutaler geworden seien: „Ein schallendes Nein“.

Als eine der schlimmsten Schlammschlachten gilt die Wahl zwischen dem republikanischen Vizepräsidenten Thomas Jefferson und dem föderalistischen Präsidenten John Adams im Jahr 1800. Dabei war Wahlkampf damals an sich noch eine neue Disziplin. Nach der Unabhängigkeitserklärung hatten die von den Bundesstaaten ernannten Wahlmänner zunächst zweimal einstimmig George Washington zum Präsidenten gekürt. Erst mit dem Aufstieg politischer Parteien (die die Verfassung nicht vorsah) begann der Kampf ums Weiße Haus.

Warnungen vor Bibel-Verbot

Die Kandidaten selbst hielten sich zwar bis ins 19. Jahrhundert würdevoll schweigend aus dem Wahlkampf heraus. Umso eifriger gingen jedoch die Parteien und die mit ihnen alliierten Zeitungen ans Werk. Im Wahlkampf 1800 bezeichneten die Föderalisten Jefferson unter anderem als „Scharlatan“, „Atheisten“, „Anarchisten“, „Feigling“ und „Schwindler“. Er habe Sex mit Sklavinnen gehabt und würde als Präsident Gläubigen die Bibel wegnehmen. Der „Connecticut Courant“ warnte gar, mit Jefferson an der Staatsspitze würden „Mord, Raub, Vergewaltigung, Ehebruch und Inzest offen gelehrt und praktiziert“.

Thomas Jefferson
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Jefferson engagierte für die Schmutzkübelkampagne heimlich einen Autor namens James Callender, der unter anderem schrieb, Präsident John Adams sei „ein abscheulicher hermaphroditischer Charakter, der weder die Stärke und Entschlossenheit eines Mannes noch die Sanftheit und Sensibilität einer Frau“ besitze.

John Adams
John Adams(c) imago/StockTrek Images (imago stock&people)

Die "guten alten Zeiten"

Ein New Yorker Kongressabgeordneter erinnerte sich später mit Wehmut an diese Tage zurück: „Es war eine Freude, in diesen guten alten Zeiten zu leben, als ein Föderalist einen Republikaner auf offener Straße niederschlagen konnte und nicht dazu vernommen wurde.“

Auch 1828 überboten sich die gegnerischen Lager an Beleidigungen. Herausforderer Andrew Jackson wurde vom Lager des amtierenden Präsidenten Quincy Adams als Mörder bezeichnet,weil er im Krieg das Todesurteil gegen Deserteure unterschrieben hatte. Seine Frau sei eine „Hure“, da sie mit ihm zusammenlebte, als die Scheidung ihrer ersten Ehe noch nicht rechtskräftig war (was beiden nicht bewusst gewesen sein soll). Jackson gewann die Wahl, kurz danach starb seine Frau an einem Herzinfarkt: „Die gemeinen Schurken, die sie verleumdet haben, müssen Gott um Gnade bitten“, sagte er bei der Beerdigung.

Sexuelles Fehlverhalten im Allgemeinen und uneheliche Kinder im Besonderen waren überhaupt ein beliebter Vorwurf in den frühen US-Wahlkämpfen. So spotteten die Republikaner 1884 über den Kandidaten Grover Cleveland, dem ein Kind mit einer Witwe nachgesagt wurde: „Ma! Ma! Where's my pa?“. Das letzte Wort hatten aber die Demokraten: „Gone to the White House! Ha! Ha! Ha!“, jubelten sie nach einem Sieg gegen James Blaine.

Ein Schmäh-Malbuch für Kinder

Lange Tradition hat auch die Gesundheit der Kandidaten als Wahlkampfthema. Über Lyndon B. Johnson verbreiteten die Republikaner 1964 etwa das Gerücht, er habe Nierenkrebs. Johnson wiederum griff zu Tricks, die für Autor Cummins zu den schmutzigsten der Geschichte zählten: Er ließ einen CIA-Agenten die Wahlkampfzentrale seines Konkurrenten Barry M. Goldwater infiltrieren, fütterte Journalisten mit falschen Informationen und ließ ein Kindermalbuch drucken, in dem Goldwater Ku-Klux-Klan-Roben trug.

Adams und Jefferson versöhnten sich übrigens nach der Wahl von 1800 wieder: Bis zu ihrem Tod (im Abstand von nur wenigen Stunden) pflegten die Gründungsväter eine Brieffreundschaft. Die Parallelen zu Clinton und Trump dürften wohl nicht so weit gehen.

Literatur

Joseph Cummins

Anything for a vote: Dirty Tricks, Cheap Shots, and October Surprises in U.S. Presidential Campaigns

Quirk Books, 2015

Paul F. Boller

Presidential Campaigns: From George Washington to George W. Bush

Oxford University Press, 2004

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