Investieren, studieren und residieren

Assetklasse. Moderne Wohnobjekte für Studierende sind stark nachgefragt – und dementsprechend beliebt bei Investoren. Ein Trend, der von Großbritannien aus Österreich längst erreicht hat.

Es zählt knapp 600 Appartements auf elf Stockwerken sowie rund 60 Tiefgaragenplätze, ist zu 98 Prozent ausgelastet und generiert jährliche Nettomieteinnahmen in der Höhe von rund vier Millionen Euro. Die Rede ist von einem Studentenheim der Topkategorie (Linked Living) in der Nähe des Campus der Wirtschaftsuniversität Wien im zweiten Wiener Gemeindebezirk, das die Corestate Capital Holding erst kürzlich an ein Fonds-Vehikel der Universal-Investment-Plattform verkauft hat. Laut Thomas Landschreiber, CIO Corestate, handelt es sich bei dieser Immobilie um das größte Studentenheim Österreichs.

Trend aus Großbritannien

Das Thema studentisches Wohnen wird derzeit verstärkt von Investoren nachgefragt – und zwar nicht nur in Österreich, wo die den alternativen Immobilieninvestments zuzurechnende Assetklasse noch in den Kinderschuhen steckt, sondern weltweit. Laut dem Immobilienberater CBRE belief sich das globale Transaktionsvolumen in diesem Segment im Vorjahr bei rund 13,25 Milliarden Euro, was einem Plus von 162 Prozent gegenüber 2014 entspricht. Dabei war Großbritannien für mehr als die Hälfte des Transaktionsvolumens verantwortlich.
Das Wohnen für Studierende ist in Europa zuerst in Großbritannien als eine neue Assetklasse von Investoren entdeckt worden. Einer der Gründe für diese Entwicklung war der Mangel an großen Mietobjekten im Wohnbereich. Dazu kommt, dass sich diese Assetklasse nach der Finanzkrise als Top-Performer erwiesen hat. Nach Rekordinvestitionen in Großbritannien hat sich das Investoreninteresse dann weiter nach Kontinentaleuropa verlagert – allen voran nach Deutschland. „Das Produkt ist klar und transparent – man weiß, was zu tun ist, um erfolgreich zu sein“, erklärt Bernhard Wippaunig, Geschäftsführer Milestone, einem expandierenden Projekt der IC Development. „Langfristig bietet sich Investoren ein relativ sicherer Ertrag – die Renditen liegen bei rund vier Prozent“, erklärt der Experte.
Dass das Thema studentisches Wohnen verstärkt von Investoren nachgefragt werde, zeigt sich laut Georg Fichtinger, Head of Investment Properties bei CBRE Österreich, auch daran, dass der Markt von Investmentvermittlern und -beratern noch besser aufbereitet wird. Nach Einschätzung des Experten hat sich der Markt in Österreich in den vergangenen Jahren durchaus verändert. „Bis vor fünf Jahren waren Studentenheime fast ausschließlich in der Hand von lokalen Investoren und Entwicklern, die auch im Wohnbereich aktiv waren“, so Fichtinger. Jetzt sei daraus ein eigener Geschäftsbereich geworden, dem internationale und heimische Developer ihren eigenen Stempel aufdrücken. In den vergangenen Jahren wären die ersten Projekte der neuen Kategorie fertig geworden, die den Studenten zu einem guten Preis – konkret für rund 500 bis 600 Euro im Monat – sehr viel bieten.
Tatsächlich können die Studentenheime, die heute neu auf den Markt kommen, nicht mehr mit den klassischen Objekten der vergangenen Jahrzehnte verglichen werden, in denen es einfache Doppel- und Einzelzimmer plus Gemeinschaftsküchen gab. In den Lobbys beziehungsweise Erdgeschoßen dieser neuen Generation befinden sich zentrale, große Wohnzimmer mit verschiedenen Funktionen, schildert Wippaunig. Diese gehen in Fitness-, Wasch- und Studierräume über. Die Appartements, die modern und flexibel ausgerichtet sind und manchmal auch über Terrassen verfügen, finden sich in den Obergeschoßen. Architektur und Ausstattung sind neuen Bedürfnissen geschuldet: „Junge Menschen haben heute ein anderes Verständnis für Qualität und Funktionalität.“ Beispiele für moderne Studentenheime mit allem Komfort gibt es zur Genüge. Milestone betreibt etwa zwei Objekte in Wien und Graz. An einem weiteren mit 350 Zimmern auf dem Campus der Wirtschaftsuniversität Wien, das Anfang März 2017 den Betrieb aufnehmen wird, wird derzeit gebaut. Ebenso werden Milestones in Leoben und Budapest eröffnet. Im kommenden Jahr wird außerdem ein Studentenheim in der Dresdner Straße die Pforten aufsperren, das gemeinsam von Stonehedge Holdings und Pegasus Capital Partners entwickelt wird.
Dem Nachhaltigkeitsgedanken verpflichtet ist das Mineroom, das unlängst in Leoben eröffnet wurde – es handelt sich um das größte Studentenhaus in Holzbauweise. Ein großvolumiges Passivhaus mit viel allgemeiner Fläche für die Studenten. Es wird von der OeAD-Wohnraumverwaltungs GesmbH betrieben.

Älter ist billiger

State-of-the-Art-Studentenheime bieten heute in der Regel zu einem fixen Preis ein breites Spektrum an Leistungen – angefangen von Heizung und Strom, über Internet bis hin zur Zimmerreinigung, Instandhaltung und Wartung, Ersatz von Gerätschaften sowie der Reparatur der Möbel. „Das bringt Kostensicherheit für die Studierenden und entlastet auch, was die private Organisation betrifft – Sie können sich voll auf das Studieren konzentrieren“, so Wippaunig. Bei Milestone wären die Mitarbeiter zudem speziell auf die Bedürfnisse der Studierenden geschult und würden mitunter sogar als eine Art von Tutoren auftreten, die wertvolle Tipps rund um das Studieren geben können.
„Auch wenn ältere Objekte nicht annähernd so viele Annehmlichkeiten bieten, werden sie auch weiterhin ihre Klientel haben“, meint hingegen Fichtinger. Der Markt sei groß genug, daher habe er keinerlei Bedenken, dass es sie auch in Zukunft geben wird – schon allein deshalb, weil sie meist deutlich billiger wären als die Studentenheime der neueren Generation. Die neuen Betreiber würden nicht mehr Pachtverträge unterschreiben, sondern die Objekte wie Wohnhäuser mit einer etwas höheren Frequenz managen. Streng genommen kann man von einer Mischung aus Hotel und klassischem Wohnbau sprechen. Nur dass in Studentenheimen damit mehr Herausforderungen – Stichwort Servicecharakter – verbunden sind.

Info

Immobilienexperten rechnen damit, dass der Markt für studentisches Wohnen in den nächsten Jahren kontinuierlich wachsen wird. Hintergrund ist, dass in Großstädten wie etwa Wien und Berlin der starke Bevölkerungszuzug für einen enormen Druck auf dem preisgünstigen Wohnungsmarkt sorgen wird. Studierende, denen in der Regel ein geringes Budget fürs Wohnen zur Verfügung steht, könnten so aus dem
Markt hinausgedrängt werden.
Zudem sind angesichts der zunehmenden Mobilität während des Studiums – Stichwort: Auslandssemester und Praktika – kürzere und flexiblere Vertragslaufzeiten gefragt. Auch die Ansprüche sind gestiegen: Heute wird eine Vielzahl an inkludierten Zusatzleistungen erwartet.

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