Chancen auf ein Zins- und Währungsplus

BRAZIL RIO DE JANEIRO
BRAZIL RIO DE JANEIRO(c) EPA (Marcelo Sayao)
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Das Wirtschaftswachstum in den Schwellenländern nimmt allmählich wieder Fahrt auf. Das macht deren gut verzinste Anleihen in lokaler Währung interessant, allerdings müssen Anleger ein höheres Risiko in Kauf nehmen.

Wien. Viel von dem Staub, der im vergangenen Jahr an den Börsen der weltweiten Schwellenländer aufgewirbelt wurde, hat sich inzwischen gelegt. So haben zahlreiche Rohstoffpreise ein gutes Stück zugelegt. Und auch die befürchtete US-Zinserhöhung zieht sich wohl länger hinaus, als noch vor Monaten befürchtet wurde. (Steigende Zinsen in den USA sind deshalb ein Problem, weil sie unter anderem die Dollar-Schulden der Schwellenländer verteuern.)

Doch noch eine weitere Konjunkturstütze für die Schwellenländer könnte sich abzeichnen: „Die Inflationsrate entwickelt eine interessante Dynamik nach unten. Dadurch erhalten die Zentralbanken in den Schwellenländern noch Spielraum für weitere Zinssenkungen“, sagt Sergei Strigo, Leiter Emerging Markets Anleihen und Währungen bei Amundi.

Das sollte in der Regel auch das Wirtschaftswachstum ankurbeln. Auch für Anleger können sich damit interessante Kaufgelegenheiten abzeichnen. Denn jene Anleihen, die schon jetzt auf dem Markt zu kaufen sind, bieten eine höhere Verzinsung als jene, die erst nach der Zinssenkung in den Schwellenländern neu emittiert werden. Deshalb greifen Anleger oft schon allein bei der Aussicht auf Zinssenkungen zu. Und das treibt wiederum die Anleihekurse an.

Dabei haben Schwellenländeranleihen gerade in lokaler Währung weitere Vorzüge, meinen Experten. Simon Lue-Fong, Fondsmanager von Pictet-Emerging Local Currency Debt, ist überzeugt, dass die Anlageklasse sowohl von der Renditesuche als auch dem Diversifizierungsgedanken unterstützt wird. Noch ist die Verzinsung bei entsprechenden Anleihen hoch, die durchschnittliche Rendite liegt derzeit bei mehr als sechs Prozent. Gegenwärtig sind die Währungen im langfristigen Durchschnitt zudem unterbewertet. Das bietet Chancen auf eine Aufwertung – vor allem gegenüber dem Dollar

Vor allem für asiatische Währungen ist Lue-Fong optimistisch eingestellt, „da verarbeitendes Gewerbe und Wachstum in der Region stabiler sind und Asien von den niedrigeren Rohstoffpreisen profitiert“. Das ändere aber nichts an einer Verlangsamung von Chinas Wirtschaftswachstum, mit realen Auswirkungen auf die Region.

Andere Experten sind ein wenig positiver gestimmt. Paul McNamara, Investment Director für Emerging Markets Debt bei GAM, sieht etwa Chinas Konjunkturverlangsamung als die große Ausnahme. „Grundsätzlich zieht das Wachstum in den Schwellenländern wieder an“, so McNamara. Allein in den vergangenen drei Jahren ist es im Schnitt jährlich um rund drei Prozent gestiegen. Wenn in der Vergangenheit das Wachstum in den Regionen stärker als in den entwickelten Ländern zulegte, waren das ebenso gute Nachrichten für Schwellenländer-Anleihen. „Denn dann haben sowohl die Kurse als auch die Währungen in den Emerging Markets profitiert“, erklärt der GAM-Experte.

Globale Unsicherheiten als Risiko

Die positive Entwicklung konnte man heuer zum Beispiel bei brasilianischen Staatsanleihen sehen. Sowohl die Währung als auch die Anleihekurse zogen kräftig an. Der brasilianische Real legte in diesem Jahr gegenüber dem Dollar um rund 20 Prozent zu. Allerdings sind Währungsschwankungen in den Schwellenländern grundsätzlich sehr hoch, das sollten Anleger im Auge behalten.

Auch der Ölpreis zeigt positive Auswirkungen, etwa auf die Fördernation Kolumbien. Das ist freilich auch der Grund, weshalb der Peso zulegen konnte. Seine Position in kolumbianischen Staatspapieren hat McNamara inzwischen reduziert, das Geld stattdessen in russische Bonds investiert.

Dem Land sollte der steigende Ölpreis ebenfalls zugutekommen. Doch nicht überall ist McNamara positiv gestimmt und verweist dabei auf seine Position in türkischen Anleihen, „sie bauen wir schrittweise ab“. Das Land habe inzwischen große Mengen an Schulden in Fremdwährungen angehäuft, die Zinsen würden künstlich zu tief gehalten. „Noch heuer dürften die Anleihen sowie die Währung deshalb kräftige Kursverluste erleiden.“

Globale Unsicherheiten sollten Anleger bei Investments in Schwellenländern aber stets im Hinterkopf haben. Strigo zählt dazu politische Unsicherheiten wie etwa die US-Wahlen, die Brexit-Verhandlungen sowie die im kommenden Jahr anstehenden Wahlen in Deutschland und in Frankreich. Aber: Ein Investment in Schwellenländer-Anleihen sollte ohnedies langfristig erfolgen und am besten mit dem Kauf eines Fonds umgesetzt werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.11.2016)

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