Peking verbannt Anti-China-Politiker aus Hongkonger Parlament

Die Unabhängkigkeitsbefürworter Baggio Leung and Yau Wai-ching.
Die Unabhängkigkeitsbefürworter Baggio Leung and Yau Wai-ching.REUTERS
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Zwei Abgeordnete, die Peking die Gefolgschaft verweigerten, wurden aus dem Parlament ausgeschlossen. Tausende Hongkonger demonstrierten gegen das Vorgehen.

China geht gegen Unabhängigkeitsbefürworter in der Sonderverwaltungsregion Hongkong vor. Ungeachtet der Proteste gegen eine Intervention aus Peking verbannte der chinesische Volkskongress am Montag zwei neu gewählte Unabhängigkeitsbefürworter aus dem Hongkonger Parlament.

Der Beschluss könnte neue Demonstrationen in der asiatischen Finanz- und Wirtschaftsmetropole auslösen. Kritiker beklagen eine Einmischung in die Unabhängigkeit der Justiz in Hongkong.

Tausende hatten am Vortag gegen die Pläne Pekings demonstriert. Die Polizei nahm nach offiziellen Angaben vier Teilnehmer fest. Mit Pfefferspray und Schlagstöcken waren Polizeikräfte gegen Demonstranten vorgegangen. Die Lage beruhigte sich über Nacht.

Der Peking-treue Regierungschef Leung Chun-ying plant außerdem, wieder ein umstrittenes Sicherheitsgesetz vorzulegen, das nach Massenprotesten 2003 zurückgezogen werden musste. Es richtet sich gegen Abspaltung, Aufwiegelung und Untergrabung von Chinas Staatsgewalt.

Streit um "provokativen" Amtseid

Angesichts wachsender Unabhängigkeitsbestrebungen beschloss der Ständige Ausschuss des Volkskongresses in Peking eine Interpretation des Grundgesetzes für die Sonderverwaltungsregion. Danach müssen Hongkonger Abgeordnete ihren Treueeid auf das Grundgesetz Hongkongs ablegen und der Sonderverwaltungsregion der Volksrepublik China die Gefolgschaft schwören.

Der Eid dürfe in Form und Inhalt nicht verändert werden, heißt es in dem Beschluss zu Artikel 104 des Grundgesetzes. Wer den Amtseid ablehne oder auf eine "unwürdige und nicht ernsthafte Weise" ablege, disqualifiziere sich von einem öffentlichen Amt. Auch könne der Eid nicht noch einmal abgegeben werden.

Der Volkskongress schloss damit praktisch zwei neue Abgeordnete des ohnehin nur begrenzt frei gewählten Hongkonger Legislativrates aus, die den Amtseid auf provokative Weise geändert und der Volksrepublik ihre Gefolgschaft verweigert hatten. Da der Fall noch Gerichte in Hongkong beschäftigt, beklagen Kritiker eine Einmischung in die Unabhängigkeit des Rechtswesens.

Demonstranten in Hongkong.
Demonstranten in Hongkong.REUTERS

Abspalterische Aktionen "nicht erlaubt"

"Das große Risiko ist, dass der Ständige Ausschuss den Eindruck erweckt, als wenn die Gerichte in Hongkong eigentlich keine Rolle spielen, wenn es um öffentliche Rechtsfragen geht", sagte Alvin Cheung vom US-Asien-Institut der New York University (NYU) in Hongkong. "Wenn das Vertrauen in die Gerichte einmal verloren geht, ist es sehr schwer, das wieder zu gewinnen."

"Die Interpretation demonstriert die feste Entschlossenheit und den Willen der Zentralregierung, sich einer Unabhängigkeit Hongkongs zu widersetzen", sagte der Sprecher des Hongkong-Amtes beim Staatsrat in Peking. Damit werde die Autorität des Grundgesetzes und die Rechtsstaatlichkeit in Hongkong gesichert. "Aktivitäten, die Nation zu teilen, werden nicht erlaubt."

Auseinandersetzung um freie Wahlen

Seit der Rückgabe 1997 an China unterliegt die ehemalige britische Kronkolonie chinesischer Souveränität und wird in ihren Grenzen als eigenständiges Territorium autonom verwaltet. Das verfassungsähnliche Grundgesetz nach dem chinesischen Prinzip "ein Land, zwei Systeme" gewährt den mehr als sieben Millionen Hongkongern viele Freiheiten. So bleibt der bedeutende Wirtschafts-und Finanzplatz ein autonomes Zoll- und Steuergebiet. Auch herrscht weitgehende Presse- und Meinungsfreiheit. Hongkong hat zudem eine eigene Währung, entscheidet selbst über seine Ein- sowie Ausreisepolitik und ist eigenständiges Mitglied mehrerer internationaler Organisationen.

Vor zwei Jahren hatten prodemokratische Demonstrationen und Straßenblockaden Teile der sieben Millionen Einwohner zählenden Hafenstadt über Wochen lahmgelegt. Auslöser waren Pläne der Führung in Peking, 2017 in Hongkong zwar wie versprochen erstmals direkte Wahlen zu erlauben, aber eine freie Nominierung der Kandidaten zu verweigern. Nur 40 der 70 Sitze im Hongkonger Parlament werden nach dem allgemeinen, freien Wahlrecht besetzt. Die übrigen 30 werden von Hongkonger Interessensgruppen bestimmt, die in der Mehrzahl dem Pro-Peking-Lager angehören.

(APA/dpa)

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