Bei Lohnsteuern ist Österreich Vizeeuropameister

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Die EU-Kommission bescheinigt Österreich eine viel zu hohe Belastung der Arbeit mit Steuern und Abgaben. Interessant: Der Anteil der Kapitalsteuern an den Gesamtsteuern ist in den Steueroasen am höchsten.

Brüssel. Dass die Steuern und Abgaben auf Arbeit in Österreich zu hoch sind, ist viel gehörter Bestandteil von Sonntagsreden. Wie hoch sie tatsächlich sind, hat jetzt die EU-Kommission in der 2016er-Ausgabe ihrer „Steuertrends in der EU“ ermittelt: Nur in Schweden ist der Anteil der Besteuerung von Arbeit an den Gesamtsteuern noch höher als bei uns. Österreich weist mit 57,4 Prozent den zweithöchsten Wert in der Gemeinschaft auf. In der Statistik sind nicht nur die Lohnsteuern, sondern auch die Sozialversicherungsbeiträge enthalten. In einigen EU-Ländern sind die Sozialsysteme steuerfinanziert.

Dafür trägt die Besteuerung von Kapital und Unternehmensgewinnen nur 5,1 Prozent zum Steueraufkommen bei, womit Österreich unter den 28 EU-Ländern den 23. Platz belegt.

Das liegt freilich nicht an zu niedrigen Sätzen. Bei den Kapitalsteuern zeigt sich das paradoxe Bild, dass ausgerechnet die Steueroasen den größten Anteil der Kapitalsteuern an der Gesamtsteuerleistung aufweisen: Malta und Zypern halten mit je 18,7 Prozent gemeinsam den ersten Platz, Luxemburg folgt mit 11,5 Prozent. Am unergiebigsten sind die Kapitalsteuern, gemessen an den Gesamtsteuern, mit 3,7 bzw. 3,9 Prozent in Ungarn und Slowenien. Der EU-Durchschnitt liegt bei 6,5 Prozent.

Dass gerade in Steueroasen Kapitalsteuern überdurchschnittlich zu Buche schlagen, liegt wohl am bekannten Effekt, dass niedrige Steuersätze zu Gewinnverschiebungen in diese Länder animieren – was in Summe trotz niedriger Sätze ein höheres Gesamtsteueraufkommen bewirkt. In Österreich hat sich dieser Effekt in den Neunzigerjahren bei der Schaffung der Stiftungslösung gezeigt, als die einschlägigen Steuereinnahmen stiegen, obwohl Stiftungen damals einen ermäßigten Steuersatz erhielten. In der Zwischenzeit sind die Steuerprivilegien der Stiftungen allerdings bereits Geschichte.

In Einzelfällen ist Österreich bei der Belastung von Arbeit durch Steuern und Abgaben sogar Europaspitze: Die EU-Kommission hat in ihrer Studie an Hand eines Fallbeispiels (Arbeiter ohne Kinder) den sogenannten Tax Wedge durchgerechnet. Darunter versteht man den prozentuellen Anteil aller bezahlten Steuern und lohnabhängigen Abgaben an den Arbeitskosten (Gesamtlohn inklusive Nebenkosten). Der Tax Wedge gilt als Gradmesser für die Beschäftigungsschädlichkeit des erreichten Steuerniveaus.

In Österreich liegt dieser Wert bei 45,0 und damit um 6,1 Prozentpunkte höher als im EU-Schnitt. Nur Deutschland weist mit knapp 45,3 einen noch größeren Tax Wedge auf. Allerdings: In Österreich ist dieser Wert seit 2005 um zwei Prozentpunkte gestiegen, in Deutschland um zwei Punkte gesunken. Schweden, das 2005 noch weit vor Österreich gelegen war, hat diese Kennziffer unterdessen übrigens um 5,8 Prozentpunkte abgebaut und liegt jetzt deutlich besser.

Auch 2017 Reallohnverlust

Das Anziehen der Steuerschraube war einer der Gründe, dass die Österreicher in den vergangenen Jahren permanent Reallohnverluste erlitten. In der Zwischenzeit hat es hierzulande eine Steuerreform gegeben, die in den Steuertrends, die sich auf 2014 beziehen, noch nicht berücksichtigt ist. Trotzdem gehört Österreich zu den wenigen EU-Ländern (außer Österreich noch Spanien, Portugal und Finnland), denen die Kommission auch für 2017 und 2018 Reallohneinbußen prophezeit. (red./ag.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.11.2016)

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