"Rio braucht die Olympischen Spiele 2016"

Entwurf der Tennis-Anlage für die Olympischen Spiele 2016 in Rio.
Entwurf der Tennis-Anlage für die Olympischen Spiele 2016 in Rio.(c) REUTERS (HO)
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Spannung vor der IOC-Vergabe für die Olympischen Spiele 2016 am Freitag. Erstmals Südamerika oder doch Obamas Heimatstadt? Rio de Janeiro und Chicago gehen als Favoriten ins Rennen.

"Wir freuen uns sehr, dass wir vier erstklassige Kandidaten haben. Jeder von ihnen könnte sehr gute Spiele veranstalten", sagte IOC-Präsident Jacques Rogge wie immer diplomatisch. Am Freitag wird in Kopenhagen der Veranstalter der Olympischen Sommerspiele 2016 verkündet. Topfavorit ist Chicago. Als härtesten Konkurrenten erwartet man Rio de Janeiro, Madrid und Tokio sind Außenseiter.

US-Präsident Barack Obama hat sich nun doch zu einem Blitztrip nach Kopenhagen entschlossen, um die IOC-Mitglieder von seiner Heimatstadt zu überzeugen. Er hatte schon in seiner Präsidentschaftskampagne immer wieder für Chicago und die Spiele geworben. Sportpolitisch ist der US-Fernsehmarkt ein großes Thema, die Planer verweisen aber auch auf ein solides Konzept. Die Stärke liege darin, die Athleten in der Nähe ihrer Wettkampf-Orte unterzubringen, viele bereits vorhandene Sportstätten zu nutzen und zu verhindern, dass neu gebaute nach den Spielen nutzlos herumstehen.

Insgesamt 31 Sportstätten sollen für die Spiele vom 22. Juli bis 7. August unter dem Motto "Lasst Freundschaft strahlen" zur Verfügung stehen, 15 der Arenen existieren schon. Von den 16 geplanten sollen neun temporär sein und die restlichen sieben nach der Schluss-Zeremonie ihrem künftigen Nutzen angepasst werden. Die meisten Sportstätten liegen in einem Radius von bis zu zehn Kilometern, Downtown zusammengeballt an mehreren Orten entlang des See-Ufers. 90 Prozent der Athleten werden nur maximal 15 Minuten Zeit benötigen, um vom Olympischen Dorf zu ihren Wettkämpfen zu gelangen.

Spiele in Südamerika?

Für Rio de Janeiro spricht vor allem der Fakt, dass es noch nie Olympische Spiele in Südamerika gegeben hat. Weiße Strände, die Copacabana und das einzigartige brasilianische Flair verbunden mit Olympischer Atmosphäre - dies wäre durchaus auch sehr reizvoll. Kriminalität, Verkehrschaos und noch fehlende Hotelkapazitäten schaden dem Exoten jedoch. Das Projekt umfasst unter anderem den Bau eines olympischen Dorfes im Westteil Rios, die Erweiterung von Uferpromenaden an einem See mit eigenem Sportler-Strand und den Ausbau des internationalen Flughafens von Rio.

Die Organisatoren werten es zudem als Vorteil, dass Brasilien im Jahr 2014 ein weiteres Mega-Event ausrichtet - die Fußball-Weltmeisterschaft. Rio, das fest mit dem Endspiel im Maracana-Stadion rechnet, investiere bis dahin Millionen in Infrastruktur und Sicherheit, die zwei Jahre später auch den Olympischen Spielen zu gute kämen, argumentieren Rios Stadtväter. Wirtschaftspolitisch gesehen spricht freilich ein Satz von Präsident Luiz Inacio Lula da Silva Bände: "Keine andere Stadt braucht die Olympischen Spiele. Brasilien braucht sie."

Tokio möchte nach 1964 zum zweiten Mal Olympia beherbergen. Allerdings haben die Japaner die geringste öffentliche Unterstützung aller vier Kandidaten mit knapp 55 Prozent. Die Japaner versprechen die "kompaktesten und nachhaltigsten Spiele der Geschichte". 97 Prozent der Einrichtungen befinden sich weniger als acht Kilometer vom Olympiastadion, 70 Prozent sind maximal zehn Minuten vom Olympischen Dorf an der Tokio Bay entfernt. Das Land, auf dem die elf neuen Anlagen liegen werden, gehört der Stadtregierung. Bisher existieren 23 der 34 Wettkampfstätten, einschließlich der historischen Anlagen, in denen schon 1964 die Spiele stattfanden und die noch heute täglich genutzt werden.

17 bestehende Anlagen werden mittels Modifizierungen für die Spiele und die Zeit danach aufgerüstet, während sechs andere Sportstätten komplett in hochmoderne Einrichtungen umgebaut werden sollen. Von den elf übrigen Stätten sollen fünf - darunter das Olympiastadion - auch in Zukunft als Sportarenen bestehenbleiben. Auch sonst will sich Tokio der Welt von seiner besten, modernsten und grünsten Seite zeigen: Mehr als 1000 Hektar Grünflächen sollen im Herzen der mehr als 12-Millionen-Metropole, die sich schon jetzt ihrer "exzellenten" Luftqualität rühmt, bis 2016 hinzukommen. In einer Hinsicht könnte die Natur jedoch auch zu einem Hindernis werden: Die Spiele sollen im August stattfinden, einem der schwülsten und heißesten Monate des Jahres.

Rotation der Kontinente

Bleibt Madrid, das aufgrund von geopolitischen Überlegungen (2004 Athen, 2012 London) wohl am ehesten durchfallen wird. Allerdings hatte Madrid schon in seiner Bewerbung für 2012 ein gutes Bild abgeben und seine Schwachpunkte ausgemerzt. Selbst das bekrittelte Anti-Doping-Gesetz wurde noch schnell geändert. Mit Hilfe von König Juan Carlos und IOC-Ehrenpräsident Juan Antonio Samaranch, der immer noch über beste Kontakte verfügt, soll das schier Unmögliche geschafft werden.

Die Stärken der Madrider Kandidatur liegen darin, dass 77 Prozent der Wettkampfstätten bereits fertig oder im Bau sind. Die Spanier versprechen zudem ein "Olympia der kurzen Wege". Ein großer Teil der Stadien und Hallen wird vom Olympischen Dorf sogar zu Fuß zu erreichen sein. Die Bevölkerung steht nach einer Umfrage zu 85 Prozent hinter der Olympia-Kandidatur. Der größte Nachteil der Madrilenen scheint die ungeschriebene olympische Regel von der "Rotation der Kontinente". Danach finden die Spiele normalerweise nicht zweimal hintereinander auf demselben Kontinent statt. Die Tatsache, dass London die Spiele 2012 ausrichtet, schmälert - wie Samaranch einräumt - die Chancen der Madrilenen erheblich.

(APA)

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