Vom Armenhaus zur wichtigen Wirtschaftsmacht

(c) Bloomberg (SeongJoon Cho)
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Sich ganz auf den Export zu konzentrieren hat sich für Südkorea bezahlt gemacht. Den eigenen Markt schottet das Land freilich ab.

Südkorea ist ein Paradebeispiel dafür, wie sehr ein Staat von der Globalisierung profitieren kann. Das Land galt in den 1960ern als hoffnungsloser Fall, der nicht einmal mit Ghana oder Äthiopien vergleichbar war. Die Weltbank war damals nicht bereit, Südkorea einen Kredit zu gewähren, erinnert sich ihr heutiger Präsident, der Koreaner Jim Yong Kim. Selbst ohne Zinsen würde das Geld niemals zurückgezahlt werden, so die Annahme.

Eine völlig falsche Einschätzung. Anders als die genannten afrikanischen Staaten hat sich das asiatische Land nämlich in den vergangenen Jahrzehnten vom Armenhaus zu einer der wichtigsten Wirtschaftsnationen der Welt entwickelt.


Wirtschaftskonglomerate

Den wirtschaftlichen Aufschwung hat Südkorea vor allem der Entscheidung zu verdanken, sich mit aller Kraft auf den Export zu konzentrieren und nur wenig zu importieren. Innerhalb von weniger als zwei Generationen etablierte sich das Land zu einem der weltweit führenden Schiffbauer, Elektronik-, Halbleiter- und Autoproduzenten. Anders als das etwa in Taiwan der Fall war, setzte Südkorea nicht auf den Erhalt und die Förderung mittelständischer Unternehmen, sondern auf die Ausbildung von sogenannten Chaebols. Das sind mächtige Wirtschaftskonglomerate wie LG, Samsung oder Hyundai, die eng mit dem Staat verbunden sind. Mit diesem System wurden über Jahrzehnte hinweg sehr gute wirtschaftliche Ergebnisse erzielt.

Erst mit der Asien-Krise Ende der 1990er begann das Erfolgsmodell dieser Konglomerate langsam zu bröckeln. Denn die Abhängigkeit von wenigen Großkonzernen macht Südkorea verwundbar. So sind die fünf führenden Unternehmen für 65Prozent der Wirtschaftsleistung des Landes verantwortlich. Sie zahlen auch einen großen Teil der Steuern.

Falls es einmal einem Chaebol schlecht geht, leidet gleich das ganze Land darunter. Heute versucht die Regierung deshalb, ganz gezielt kleinere und mittlere Betriebe zu fördern. Dennoch ist es schwer für sie, sich neben den Riesen zu behaupten.

Doch zurück zur Globalisierung. Diese versteht Südkorea, das 51,5 Mio. Einwohner zählt, recht einseitig. Während das Land gut von seinen Exporten, vor allem nach China und in die USA, lebt, schottet der Staat seinen eigenen Markt konsequent vor ausländischen Waren ab.

Wer auf Seouls Straßen geht, wird nur selten ein nicht koreanisches Auto entdecken. Wie das möglich ist, da doch Südkorea nicht nur mit der EU ein Freihandelsabkommen unterzeichnet hat? Nun, es sind die nicht tarifären Handelshemmnisse, mit deren Hilfe Südkorea der ausländischen Konkurrenz den Markteintritt enorm erschwert. Wer die speziellen Sicherheitsstandards, Umweltvorschriften und andere Detailregelungen nicht einhält, darf seine Ware nicht in Südkorea verkaufen. Ein weiterer Schachzug, von dem die Wirtschaft des Landes profitiert.

Südkorea

2,7Prozent wird die Wirtschaft Südkoreas im heurigen Jahr voraussichtlich wachsen.

1,25Milliarden Euro wird das diesjährige Bruttoinlandsprodukt demnach betragen.

14Länder auf der Welt erreichen eine größere Wirtschaftsleistung.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.11.2016)

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