Rohstoffe: Die Talsohle ist durchschritten

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Nach jahrelangen Überkapazitäten und einer schwächelnden Nachfrage haben die Preise zahlreicher Rohstoffe wieder angezogen. Anleger sollten aber breit gestreut investieren.

Wien. Wenn es um Rohstoffe geht, denken viele Anleger zunächst an China. Tatsächlich war das Reich der Mitte jahrelang der größte Abnehmer von Kupfer, Nickel oder Eisenerz. Auch zahlreiche Minengesellschaften witterten das große Geschäft und weiteten ihre Kapazitäten aus.

Die rasante Preisentwicklung bei Rohstoffen war deutlich an bekannten Branchenindizes wie dem Bloomberg Commodity Index abzulesen. Gut ein Drittel des Index entfällt auf Energie, ein weiteres Drittel auf Agrarrohstoffe und Lebendvieh. Der Rest teilt sich auf Metalle (inklusive Gold) auf. Der Index machte 2008 einen kräftigen Satz nach oben, stürzte aber im Zuge der Finanzkrise ab. 2015 kam noch einmal ein großer Rücksetzer. Damals verstärkten sich die Sorgen um eine Konjunkturverlangsamung in den Schwellenländern, vor allem in China.

Dieses Dilemma lastete schon 2014 auf dem Ölpreis. China ist mit rund zwölf Millionen Fass pro Tag der zweitgrößte Verbraucher nach den USA. Zu allem Überfluss kam immer mehr Öl aus der US-Schieferproduktion, was für eine wachsende Angebotsschwemme sorgte. Saudiarabien aber wollte die Schieferölproduktion in die Knie zwingen. Eine Förderkürzung kam damals nicht infrage. Die Nachwehen daraus waren bis Jahresbeginn 2016 zu spüren, als der Preis für die Nordseemarke Brent ein Zwischentief von 29 Dollar je Fass erreichte.

Neue Ära auf dem Ölmarkt

Doch dann kam die abrupte Trendwende. Heftige Brände in Kanadas Ölförderregion sorgten für Ausfälle, auch in Nigeria kam es zu Produktionsausfällen. Zugleich schraubten die Nicht-Opec-Länder ihre Investitionen zurück. Weltweit erreichten die Einschnitte rund eine Billion Dollar, rechnet James Butterfill, Chefrohstoffanalyst bei ETF Securities, vor. Zu guter Letzt konnte man sich beim jüngsten Treffen der Opec und Nicht-Opec-Staaten wie Russland auf eine Förderkürzung einigen. Daraufhin schnellte Öl der Nordseesorte Brent in einer ersten Reaktion gleich mehrere Prozent nach oben. Der Preis für ein Fass pendelt derzeit über der 50-Dollar-Marke.

Wie nachhaltig der Anstieg ist, bleibt abzuwarten. Die Einigung auf eine Produktionsbegrenzung dürfte – gerade mit Blick auf die flexible US-Ölproduktion – wenig daran ändern, dass der Ölpreis wenig Spielraum nach oben hat, meint Dora Borbély, Rohstoffexpertin bei der Deka Bank. Inzwischen sei man in einer neuen Ära auf dem Ölmarkt angekommen, in der nicht mehr die Opec, sondern die US-Ölindustrie den Ton angebe. „Da bereits ein Ölpreis von gut 50 Dollar je Fass für viele US-Fracking-Unternehmen für eine kostendeckende Förderung ausreicht, steigt die US-Ölförderung seit Kurzem wieder an.“

Anstieg bei Industriemetallen

Dafür sorgten die USA bei Industriemetallen für einen weiteren Preisauftrieb. Der nächste US-Präsident, Donald Trump, hat Infrastrukturprojekte in Höhe von einer Billion Dollar auf die nächsten zehn Jahren angekündigt. Dafür braucht es eine Menge Industriemetalle. Unter dem Strich sind aber Schwellenländer nach wie vor der Motor für die Rohstoffmärkte, sagt Bernhard Ruttenstorfer von Espa Stock Commodities. Laut der jüngsten Wachstumsprognose des Internationalen Währungsfonds werde 2017 „mit einem Wachstumsvorsprung der Schwellenländer von bis zu drei Prozent gerechnet“.

Zudem haben die Minengesellschaften ihre Investitionen gekürzt. Das zeigt nun Wirkung. Im Zuge von Schließungen und Kapazitätskürzungen sei das Minenangebot bei Zink in den ersten neun Monaten dieses Jahres gesunken, „während die Nachfrage überraschend um vier Prozent anstieg“, sagt Achim Wittmann, LBBW-Analyst. Ähnlich beim Legierungsmetall Nickel, hier ist der Preis seit Jahresbeginn um fast 30 Prozent gestiegen. Allein in den ersten neun Monaten schrumpfte die Minenproduktion um sieben Prozent.

Dennoch sollten Anleger Vorsicht walten lassen. Für starke Preisanstiege fehlten die Impulse von der globalen Rohstoffnachfrage, meint Borbély. Allzu weit dürften die Preise aber auch nicht fallen. Dazu ist das Angebot schon zu stark geschrumpft. [ iStockphoto]

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.12.2016)

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