Neuer Rekord chinesischer Firmenkäufe in Deutschland

Symbolbild: Schweißroboter von Kuka
Symbolbild: Schweißroboter von KukaAPA/dpa-Zentralbild/Jan Woitas
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Laut Ernst & Young übernahmen Investoren aus China und Hongkong von Jänner bis Oktober 58 deutsche Firmen. Es flossen 11,6 Milliarden Euro.

Die Zahl chinesischer Firmenübernahmen in Deutschland hat einen neuen Höchststand erreicht - sowohl von der Anzahl der gekauften Firmen als auch vom Finanzvolumen her. Demnach übernahmen Investoren aus China und Hongkong von Jänner bis Ende Oktober insgesamt 58 deutsche Firmen - 19 mehr als im Gesamtjahr 2015, wie die Unternehmensberatung EY (Ernst & Young) ermittelt hat. Noch weit eindrucksvoller ist jedoch die Summe, die chinesische Investoren in diesem Jahr für Firmenkäufe in Deutschland bereits ausgegeben haben: 11,6 Milliarden Euro, gut 20 Mal soviel wie 2015 und mehr als in sämtlichen Vorjahren zusammen.

Drei Deals allein schlagen nach der EY-Untersuchung mit gemeinsam mehr als sieben Milliarden Euro zu Buche: die Übernahme des Augsburger Industrieroboterherstellers Kuka (4,6 Milliarden), des Münchner Maschinenbauers KraussMaffei (1,0 Mrd) und von EEW (1,6 Mrd), einem Hersteller von Müllverbrennungsanlagen in Göppingen. "Die Übernahmen durch chinesische Investoren haben in den vergangenen Jahren stetig zugenommen", sagt Kai Lucks, Fachmann für Firmenübernahmen und Vorsitzender des Bundesverbands Mergers & Acquisitions. "Dagegen gibt es in China nur wenige Übernahmen durch deutsche Firmen. Die Situation ist asymmetrisch."

"Die Politik sollte auf Symmetrie achten"

Dabei hätten auch Deutsche großes Interesse an chinesischen Firmen, meint der frühere Siemens-Manager. "Durch eine Übernahme gewinnt man eine Vertriebsplattform, Management und Mitarbeiter." Oft gebe es "schwer nachvollziehbare Ad-hoc-Verbote oder Gegenwind, deutsche Unternehmen werden dadurch bei Übernahmen in China behindert", sagt Lucks. "Die Politik sollte auf Symmetrie achten." Denn ausländische Investoren sind in China nach wie vor mit sehr hohen Hürden konfrontiert. In den 2015 überarbeiteten Richtlinien der chinesischen Regierung sind 38 Geschäftsfelder genannt, in denen ausländische Firmenübernahmen grundsätzlich verboten sind. Daneben gibt es viele weitere Bereiche, in denen ausländische Unternehmen chinesische Partner zwangsweise in Gemeinschaftsunternehmen akzeptieren müssen.

In Deutschland dominiert unter Ökonomen und Wirtschaftsfachleuten in den Ministerien bisher die reine Lehre, dass ein offener Markt Vorteile bringt - sogar wenn ein Handelspartner nicht den entsprechenden offenen Marktzugang bietet. Inzwischen regen sich aber Zweifel, ob das im Falle Chinas wirklich sinnvoll ist.

Denn die Machthaber in Peking verfolgen das erklärte Ziel, bis 2050 in sämtlichen Schlüsselbranchen die technologische Weltmarktführung übernehmen zu wollen - die Übernahme von High-Tech-Firmen dient diesem Zweck. Zudem werden deutsche Unternehmen, die in China ihre Produkte verkaufen wollen, routinemäßig zur Offenlegung ihrer Technologie gezwungen. Und nach wie vor machen vor allem deutsche Mittelständler in China die Erfahrung, dass ihre Produkte sofort kopiert werden, ohne dass die Behörden einschreiten.

Dass der chinesische Traum von der Technologienation hinter vielen Akquisitionen steht, ist offenkundig: Kuka etwa ist führender Hersteller von Robotern für die Industrieproduktion. Der Käufer Midea ist ein Low-Tech-Fabrikant von Klimaanlagen und Haushaltsgeräten, ohne Erfahrung in der Automatisierung. Überschneidungen im Produktportfolio gibt es nicht.

(APA/dpa)

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