Martin Winterkorn: "Das Undenkbare ist geschehen"

Martin Winterkorn: "Das Undenkbare ist geschehen"
Martin Winterkorn: "Das Undenkbare ist geschehen"AFP (JOHN MACDOUGALL)
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Die Mitglieder des Untersuchungsausschusses zur VW-Abgasaffäre sind unzufrieden mit den Ausführungen des früheren Konzernchefs Martin Winterkorn vor dem Gremium.

Der frühere Volkswagen-Chef Martin Winterkorn hat vor dem deutschen Bundestags-Untersuchungsausschuss jegliche persönliche Verstrickung in den Abgasskandal bestritten. Mit zeitweise brüchiger Stimme bat er um Verständnis bei den Abgeordneten und stellte sich selbst als ein Opfer des Skandals dar. Er sei bestürzt, dass Millionen von VW-Kunden enttäuscht wurden. "Das Undenkbare ist geschehen", klagte der 69-jährige bei seinem ersten öffentlichen Auftritt nach fast eineinhalb Jahren. Die Anwendung verbotener Software zur Abgasmanipulation habe VW in eine Krise gestürzt habe. "Das endgültige Ausmaß ist bis heute nicht voll absehbar", sagte er. "Ich will mich dafür hier und heute in aller Form entschuldigen."

Berichte, er habe früher als im September 2015 von den Manipulationen erfahren, nannte Winterkorn falsch. Weshalb er, der immer eine offene Tür für seine Mitarbeiter gehabt habe, "nicht frühzeitig und eindeutig" über die Probleme informiert wurde, könne er selbst nicht sagen. "Auch ich suche noch nach befriedigenden Antworten." Von den Abgasmanipulationen über entsprechende Software könne er nichts sagen, denn "ich bin kein Softwareingenieur". Dass es Software für diese Zwecke gebe, wisse er selbst erst seit September 2015.

Vieles offen geblieben

Winterkorn war kurz nachdem die Abgasmanipulationen öffentlich bekanntgeworden waren, von seinem Amt an der Spitze von Europas größtem Autobauer zurückgetreten. Inzwischen ermittelt die Staatsanwaltschaft in Braunschweig gegen ihn und andere hochrangige VW-Mitarbeiter. In einer persönlichen Erklärung vor dem Ausschuss bezeichnete er seinen Rücktritt als "den schwersten Schritt meines Lebens". Betroffen von den Diesel-Abgasmanipulationen sind weltweit rund elf Millionen Fahrzeuge des Konzerns. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt informierte der frühere VW-Chef über diese Vorgänge nach eigenen Angaben am 21. September 2015, einen Tag später unterrichtete er auch Kanzlerin Angela Merkel persönlich.

Die Mitglieder des Untersuchungsausschusses zur VW-Abgasaffäre äußerten sich nach Winterkorns Ausführungen enttäuscht. "Eine grundlegend neue Erkenntnis haben wir nicht gewinnen können", sagte der Ausschussvorsitzende Herbert Behrens (Linke). Er warf dem früheren VW-Chef vor, seinen Aufgaben als Vorstandschef nicht gerecht geworden zu sein. "Ich glaube, in weiten Teilen ist er hinter dem zurückgeblieben, was er wirklich weiß". Der CSU-Abgeordnete Ulrich Lange kritisierte, Winterkorn habe die zentrale Frage nicht beantwortet, wer zu welchem Zeitpunkt was bei VW wusste. Vieles sei offengeblieben, auch weil Winterkorn von seinem Recht Gebrauch machte, wegen Ermittlungen gegen ihn immer wieder auf Einzelfragen die Aussage zu verweigern. Der Grünen-Abgeordnete Oliver Krischer sieht den Verdacht bestätigt, dass die Bundesregierung wegen unzureichender Abgas-Kontrollen Mitschuld an dem Skandal trage.

Der Abgasskandal bei VW war von der amerikanische Umweltbehörde EPA öffentlich gemacht worden. Mittlerweile zeichnet sich ab, dass die Aufarbeitung des Dieselskandals den Konzern allein in den USA rund 20 Milliarden Dollar kosten wird. Unter Winterkoren war der Autokonzern mit seinen zwölf Marken rasant gewachsen und lieferte sich mit Toyota ein Kopf-an-Kopf-Rennen um die Weltmarktführung. Winterkorn wurde ein Führung mit eiserner Hand zugeschrieben, mit dem er ehrgeizigen Ziele durchsetzte.

(Reuters)

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