Räumungen und Kindesabnahmen sind konfliktreich

Gerichtsvollzieher haben keinen einfachen Beruf. 2.900 Räumungen gab es im Sprengel des Oberlandesgerichts Wien im Vorjahr. Selten aber doch machen sie Leichenfunde.

Gerichtsvollzieher sind praktisch nie gerne gesehen. Doch während Schuldner mit dem Besuch oft rechnen und bei ihnen oft nichts zu holen ist, gibt es vor allem bei Räumungen und Kindesabnahmen konfliktträchtige Situationen. Zum Glück erleben dies die knapp 150 Gerichtsvollzieher des Sprengels Wien nur selten, wie Reinhard Hinger, Senatspräsident des Oberlandesgerichts Wien, sagte.

Der Sprengel des OLG Wien umfasst neben der Bundeshauptstadt auch Niederösterreich und das Burgenland. In diesem Bereich gab es Hinger zufolge im Vorjahr etwa 2.900 Räumungen, also Delogierungen. Selten aber doch sehen die Gerichtsvollzieher dabei psychisch sehr Belastendes - sogenannte Leichenfunde.

Lange tot oder Suizid

"Dabei geht es einerseits um Leute, die in der Wohnung gestorben sind und schon länger in dem Appartement liegen, andererseits um Personen, die aus Anlass von Wohnungsräumungen Suizid begehen", schilderte Hinger. Fälle wie der Donnerstagfrüh in Wien-Hernals, der in einer für den Hausverwalter tödlichen Gasexplosion mündete, sind glücklicherweise äußerst selten.

Die wohl spektakulärste Causa spielte sich vor knapp drei Jahren - im April 2014 am Hohen Markt in der Wiener Innenstadt - ab. Ein 47-Jähriger hätte delogiert werden sollen. Um sich dafür zu rächen, entleerte er den Inhalt eines mit Benzin gefüllten 15 Liter-Kanisters und entzündete das Benzin-Luft-Gemisch. Aufgrund der Detonation geriet der gesamte dritte Stock in Vollbrand, den ein Großaufgebot der Feuerwehr bekämpfen musste. Für eine 23-jährige Nachbarin kam jede Hilfe zu spät, andere konnten rechtzeitig evakuiert werden. Der 47-Jährige wurde zu lebenslanger Haft verurteilt.

Mutter, die ihr Kind tötete

Erst heuer wurde der Fall einer Mutter vor Gericht behandelt, die ihre vierjährige Tochter tötete, als der Gerichtsvollzieher kam. Die 38-jährige Frau erhielt dafür in erster Instanz 15 Jahre Haft. "Es ist der Mensch halt unberechenbar, wenn er sich in einer absoluten Notsituation befindet", sagte Hinger.

Wenn es um Delogierungen geht, ist natürlich - obgleich ganz anders gelagert - auch der Fall der Pizzeria Anarchia in der Leopoldstadt zu nennen. 19 Hausbesetzer hatten einen Tag lang 1500 Polizisten getrotzt, die die gerichtliche Räumung eines Abbruchhauses durchsetzen wollten. Die Punks hatten vom Hausbesitzer das Angebot erhalten, ein halbes Jahr lang dort gratis zu wohnen. Vermutet und vom Eigentümer dementiert wurde, dass man dadurch andere Bewohner aus dem Haus bekommen wollte. Die Punks solidarisierten sich jedenfalls mit Bewohnern, blieben im Haus und eröffneten eine Pizzeria.

Wesentlich seltener kommt es bei Säumnispfändungen zu Problemen. Für Schlagzeilen sorgte nur der Fall einer Exekution bei einer Hochzeit in Vösendorf. Vor rund 2.000 Gästen wurde vor knapp fünf Jahren der Bräutigam gepfändet, was Tumulte auslöst.

(APA)

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