Schweiz: Minarette abknallen als Online-Spiel

Minarett Attack
Minarett Attack(c) Internet
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Die Schweizer Anti-Minarett-Initiative wirbt mit einem Spiel, bei dem man Minarette und Muezzins wegklicken muss. Kritiker nennen das Spiel geschmacklos und menschenverachtend. Trotzdem bleibt es online.

Das Spielprinzip ist schlicht, ebenso die Optik: Vor der Silhouette der Alpen, das Matterhorns und anderer Schweizer Sehenswürdigkeiten schießen Minarette aus dem Boden, die der Spieler in Moorhuhn-Manier möglichst schnell wegklicken soll. Statt des Fadenkreuzes scheint ein großes Stopp-Schild auf. Nach Ablauf einer Minute erscheint bei "Minarett Attack" der immer gleiche Text: "Game Over - Die Schweiz ist voller Minarette". Erstaunlicherweise landet der Spieler unabhängig von der Punktezahl immer auf Platzierung 452 - aber nicht an diesem Programmierfehler haben sich die Gemüter entzündet.

"Geschmacklos", kommentiert Saida Keller-Messahli, Präsidentin des Forums für einen fortschrittlichen Islam, das Spiel: "Die Schamgrenze ist überschritten." Entrüstet zeigt sich auch Hisham Maizar, Präsident der Föderation islamischer Dachverbände der Schweiz: "Den Initianten ist alles recht, um die Volksmeinung zu beeinflussen." Georg Kreis, der Präsident der Anti-Rassismuskommission, hatte das Spiel am Wochenende als menschenverachtend bezeichnet.

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Spiel bleibt online

Walter Wobmann, Präsident des Komitees für die "Anti-Minarett-Initiative", sieht keinen Grund, das Spiel aus dem Netz zu nehmen. Bei dem Spiel würden keine Waffen verwendet, sondern nur das Stopp-Schild. Er nehme die Kritik darum gelassen und locker, sagte der Politiker der rechtskonservativen Schweizerischen Volkspartei (SVP).

Sandro Bertschinger, Chef des Internetproviders Hostpoint, bei dem das Spiel aufgeschaltet ist, erklärte, seine Firma könne das Online-Game nicht abschalten. Das müsste der Betreiber der Webseite tun, die Firma Interway.

Dort hiess es allerdings, das Spiel sei von einem Kunden aufgeschaltet worden und nicht durch die Firma, wodurch es dem Einfluss des Unternehmens entzogen sei. Als dieser Kunde ließ sich die Werbefirma Goal AG in Dübendorf ermitteln. Sie verwies für Stellungnahmen auf Wobmann.

Keine Muezzins in der Schweiz

Justizministerin Eveline Widmer-Schlumpf (Bürgerlich-Demokratische Partei/BDP) erklärte bereits am Freitag in einem Interview mit der "Neuen Zürcher Zeitung" (NZZ), es gebe das kantonale und das kommunale Baurecht, Lärmschutzvorschriften des Bundes und den allgemeinen Immissionsschutz-Artikel des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (ZGB), wonach Immissionen - in diesem Fall Muezzin-Rufe - das an einem Ort Übliche nicht übersteigen dürfen. "Speziell in einer christlich geprägten Gemeinde kann ein Muezzin-Ruf untersagt werden", stellte Widmer-Schlumpf klar.

Abstimmung am 29. November

Die "Neue Zürcher Zeitung" (NZZ) schrieb am Samstag, als Redner für die Anti-Minarett-Initiative sei auch der Israeli Avi Lipkin unterwegs. Dem Blatt zufolge vermittle er auch in etwa die Botschaft, dass Allah Gottes Antagonist, also der Teufel sei. Die Berner Gemeinschaft der Muslime erstattete nach Lipkins erstem Auftritt Anzeige wegen Rassendiskriminierung. In einer späteren Rede habe der Israeli davon abgesehen, den Islam als "Psychose" zu bezeichnen.

Der aus Christen, Juden und Muslimen bestehende Schweizerische Rat der Religionen stellte sich bereits Anfang September entschieden gegen die Minarett-Initiative. Am 29. November stimmen die Eidgenossen über die Vorlage ab, die das Bauverbot in der Verfassung verankern will.

(Ag./BL)

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