Suspendierungen nach Gewaltritualen in deutscher Bundeswehr

Archivbild. Die deutsche Bundeswehr macht erneut unerfreuliche Schlagzeilen.
Archivbild. Die deutsche Bundeswehr macht erneut unerfreuliche Schlagzeilen.(c) APA/AFP/TOBIAS SCHWARZ (TOBIAS SCHWARZ)
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Bei der Ausbildung von Kampfsanitätern in Pfullendorf soll es zu "sexuell-sadistischen Praktiken" gekommen sein. Es gibt mehrere Disziplinarverfahren.

Misshandlungen, Mobbing, Freiheitsberaubung und sexuelle Nötigung: In einem Ausbildungszentrum der deutschen Bundeswehr im Bundesland Baden-Württemberg gehen Bundeswehr und Justiz Hinweisen auf schwerwiegendes Fehlverhalten nach. Sieben Soldaten wurden vom Dienst suspendiert und sollen fristlos entlassen werden, wie die Bundeswehr mitteilte.

Daneben ordnete der Generalinspekteur mehrere Disziplinarverfahren und Versetzungen an. An dem Standort Pfullendorf gibt es nun zudem eine intensive Dienstaufsicht. Deutschlands Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) reagierte empört. "Die Vorgänge in Pfullendorf sind abstoßend und sie sind widerwärtig", sagte die CDU-Politikerin am Freitagabend. Die Vorgänge seien auch beschämend für alle Soldaten, die respektvoll mit ihren Kameraden umgingen und das Ansehen der Truppe hochhielten.

"Spiegel online" hatte zuerst über die Vorfälle berichtet. Demnach gab es in Pfullendorf unter anderem "sexuell-sadistische Praktiken" sowie Gewaltrituale. Im Oktober 2016 habe sich ein weiblicher Leutnant an den Wehrbeauftragten und die Ministerin gewandt. Sie habe unter anderem beschrieben, dass sich Rekruten bei der Ausbildung vor den Kameraden nackt ausziehen mussten. "Vorgesetzte filmten mit, angeblich zu Ausbildungszwecken", schreibt "Spiegel online". Die Rede ist auch von medizinisch unsinnigen, sexuell motivierten Übungen.

Staatsanwaltschaft eingeschaltet

Die Bundeswehr schaltete auch die Staatsanwaltschaft Hechingen ein und stellte Strafanzeige gegen mehrere Soldaten, wie ein Sprecher der Anklagebehörde mitteilte. Es geht laut Bundeswehr um den Verdacht der Freiheitsberaubung, gefährlichen Körperverletzung, Gewaltdarstellung und Nötigung.

Von der Leyen sagte, es seien bereits Konsequenzen gezogen worden und weitere sollten folgen. Die Vorgänge würden "mit aller Härte aufgeklärt", versprach sie.

Eine Sprecherin des Ausbildungskommandos sagte der Deutschen Presse-Agentur, geprüft würden unter anderem auch sogenannte Aufnahmerituale unter Mannschaftsdienstsoldaten. Daran seien Vorgesetzte nach derzeitigem Stand der Ermittlungen nicht beteiligt.

Der Inspekteur des Heeres, Generalleutnant Jörg Vollmer, erklärte: "Verstöße gegen die Innere Führung werden im Heer nicht geduldet und mit aller Konsequenz geahndet."

"Defizite in der Führung"

In einer Erklärung der Bundeswehr heißt es: "Diese Vorgänge wiegen insofern umso schwerer, als bereits früher Hinweise auf Missstände und frauenfeindliches Klima in einer anderen Teileinheit des Ausbildungszentrums Spezielle Operationen in Pfullendorf in Rede standen." Die Häufung zeige "gravierende Defizite in der Führung".

Das Ausbildungszentrum schult nationale und internationale Spezialkräfte. Angeboten werden unter anderem Lehrgänge für Scharfschützen sowie für das Führungspersonal von Spezialkräften. Zudem werden die Soldaten etwa im Nahkampf trainiert oder auf das Überleben und Verhalten in Gefangenschaft oder in isolierter Lage vorbereitet.

(APA/dpa)

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